»Wissen über Kolonialzeit verschüttet«
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat sich für die Rückgabe unrechtmäßig erworbener Gebeine aus früheren deutschen Kolonien ausgesprochen. Er sei bereit darüber zu sprechen, sagte Präsident Hermann Parzinger in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). »Allerdings muss klar sein, wer der rechtmäßige Empfänger ist«, ergänzte er.
Vor 100 Jahren, am 9. Juli 1915, endete die deutsche Kolonialherrschaft im damaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Zwischen 1904 und 1908 waren dort durch Gräueltaten deutscher Soldaten etwa 80 Prozent der Herero-Volksgruppe umgekommen.
Parzinger betonte, völkerkundliche Sammlungen seien nicht automatisch Raubgut. Dies müsse erst eine systematische Provenienzforschung klären helfen. Mit Blick auf eine umfangreiche Schädelsammlung, die die Stiftung vor einiger Zeit von der Berliner Charité übernommen hat, sagte Parzinger weiter, eine Arbeitsgruppe untersuche nun die Herkunftsgeschichte: »Insbesondere geht es darum, Gebeine aus prähistorischen Gräberfeldern in Deutschland von solchen zu trennen, die aus Kolonialgebieten stammen und im 19. und frühen 20. Jahrhundert möglicherweise unrechtmäßig nach Berlin verbracht wurden.«
Weiter sprach sich der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz dafür aus, bei der Präsentation von Ausstellungsstücken in den Museen auch die deutsche Kolonialgeschichte und dabei begangene Verbrechen zu thematisieren: »In der deutschen Öffentlichkeit ist das Wissen über diese Vorkommnisse durch das Jahrhundertverbrechen des Holocaust und den Zweiten Weltkrieg etwas verschüttet.« Dies werde sich gerade an einem so prominenten Ort wie dem Berliner Humboldt-Forum ändern: »Und es muss sich auch ändern, wenn wir den Dialog mit anderen wirklich ernsthaft und auf Augenhöhe führen wollen«, betonte Parzinger. epd
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