Klare Kante gegen Antisemitismus

Breiter Protest gegen jährlichen Aufmarsch irantreuer Islamisten auf dem Kurfürstendamm

  • Paul Liszt
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Demonstrationen rund um den israelfeindlichen Al-Quds-Tag sind am Samstag in Berlin kleiner und ruhiger ausgefallen als erwartet.

Die befürchtete Eskalation blieb am Samstagnachmittag bei den Protesten gegen den sogenannten Al-Quds Marsch in der City-West aus. Maßgeblich dazu beigetragen haben dürfte neben der im Vergleich leichten Entspannung im Nahostkonflikt ein in der Folge geringerer Zulauf. In diesem Jahr zogen nur etwa 700 Al-Quds Demonstranten vom Adenauerplatz zum Wittenbergplatz. Auch die deutlich stärkere Präsenz der Polizei wird eine Rolle gespielt haben. Bei mehreren Gegenaktionen, getragen von einem antifaschistischen Bündnis und einem bürgerlichen Protestbündnis, demonstrierten Hunderte gegen Antisemitismus und für Israel.

Der Al-Quds-Tag – al-Quds ist der arabische Name für Jerusalem – wurde 1979 vom iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini ausgerufenen. Seitdem gehen jährlich am Ende des Fastenmonats Ramadan bei Demonstrationen in vielen Städten weltweit überwiegend schiitische Muslime auf die Straße, um die sogenannte Befreiung von Jerusalem zu fordern. Regelmäßig wird dabei die Zerstörung Israels propagiert. Unter den Teilnehmern der zentralen deutschen Veranstaltung sind vor allem radikale Islamisten, aber auch Verschwörungsideologen, vereinzelte Rechtsextreme und antizionistische Linke.

Der Protestsamstag begann bereits um elf Uhr auf dem Breitscheidplatz. Das antifaschistische Bündnis gegen den Al-Quds-Tag hatte zu einer Demonstration gegen den »größten antisemitischen Aufmarsch Deutschlands« aufgerufen. Mehr als 300 Menschen folgten diesem Aufruf. Auf Transparenten, Schildern und Winkelementen war ihre Botschaft zu lesen: Solidarität mit dem jüdischen Staat gehört zu einem antifaschistischen Selbstverständnis. In mehrsprachigen Audiobotschaften und auf Flugblättern versuchten sie, diese auch an die zahlreichen flanierenden Touristen zu bringen. Die Demonstration endete mit einer Kundgebung am Adenauerplatz, an der sich bis zu 500 Menschen beteiligten.

Etwas weniger Menschen konnte zeitversetzt das bürgerliche Bündnis mobilisieren, das unter anderem von Landesverband der LINKEN, dem Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg und der Amadeu-Antonio Stiftung unterstützt wurde. Israels Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsmann, nannte es bei seiner Ansprache auf dem Breitscheidplatz eine »Schande«, dass seit Jahren mitten in Berlin Hass und Intoleranz gepredigt werden dürften.

Die Reden bei der zeitgleich stattfindenden Auftaktkundgebung des Al-Quds Tages auf dem Adenauerplatz waren durchzogen von antisemitischen Ressentiments. Anmelder Jürgen Grassmann etwa wetterte, »Tagesspiegel, Spiegel, das ist Zionistenpresse, das ist Lügenpresse«. Der zweite Redner Christoph Hörstel stieß ins selbe Horn. Die Medien würden die »dumme, blinde« Vokabel des Antisemitismus »wider besseren Wissens« nutzen, um die deutsche Bevölkerung zu »verdummen«, wie es Adolf Hitler hätte mit den Polen machen wollen. Während des gesamten Zuges huldigten Teilnehmer mit Fahnen, T-Shirts und Parolen der Terrororganisation Hisbollah. Ein enger Kordon von Ordnern und Polizei, die in diesem Jahr mit 600 Beamten auch aus Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen im Einsatz war, verhinderten während des Umzuges Zusammenstöße mit Grüppchen von Gegendemonstranten, die sich an mehreren Stellen der Route postiert hatten.

Benjamin Steinitz von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) zog am Ende des Tages eine gemischte Bilanz. »Anders als bei vergangenen Al-Quds-Märschen in Berlin verhinderte am Samstag ein großes Polizeiaufgebot physische Angriffe auf israel-solidarische Gegendemonstranten. In den offiziellen Redebeiträgen hingegen wurde schärfer gegen Israel und ›die Zionisten‹ gehetzt als im Vorjahr.« So rief ein Redner aus dem Jemen auf Arabisch »Tod Israel, verflucht seien die Juden und Sieg für den Islam«, berichtet Steinitz.

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