Mhmm, Lust!

»Viagra« für die Frau

  • Celestine Hassenfratz
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Gleichberechtigung ist endlich da. Sie kommt in pink und macht Kopfschmerzen. Weltweit jubeln Frauen im Chor - mit offenen Mündern, in die sie sich pinke Pillen schieben. Sie mit ihren roten Mündern schmeckend, beißen die Lust regelrecht aus der Pille. Dopamin schießt in ihre Adern. Mhmm, Lust! Vorbei die Zeit, in der Männer willig und bereit, zur Not mit der in geschlechtskorrektem Blau gefärbten Pille nachgeholfen, auf ihre unlüsternen Frauen warten mussten. Das hat nun ein Ende!

Die den Sexualtrieb steigernde Pille »Pink Viagra« hat nach zweimaliger Zulassungsverweigerung grünes Licht bekommen. Ab Oktober wird das Medikament »Flibanserin« unter dem Namen »Addyi« auf den Markt kommen. Für 400 Dollar pro Monatspackung können amerikanische Männer dann ein neues Produkt auf ihre Was-schenke-ich-meiner-unbefriedigten-Frau-Liste setzen. Anders als »Viagra« wirkt die Pille nicht auf die körperliche Erektionsstörung, sondern setzt dann an, wenn vielleicht Schlaf, Erholung, ein Partnerwechsel oder einfach die Akzeptanz der nicht ständig brodelnden Lust übernehmen nehmen sollten. »Addyi« wirkt auf die Neurotransmitter Serotonin und Dopamin. Ähnliche Medikamente setzt man gegen Depressionen sein.

Diese Pille ist eine Ausgeburt des Kapitalismus, ein weiteres Instrument, den Körper der Frau wirtschaftlich lukrativer, verfügbarer zu machen. Unlust wird durch die Pille pathologisiert und die Ursachen, die laut Medizinern in den seltensten Fällen auf eine körperliche Störung zurückgehen, mit einem Medikament betäubt. Fast fühlt man sich an die Erklärung weiblicher Wesens- und Sexualzüge hysterischer Frauen im 19. Jahrhundert erinnert. Fast könnte man tatsächlich in Hysterie ausbrechen, liest man, welche Nebenwirkungen das neue Mittel mit sich bringt: Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erschöpfung. Das ist schade, für die Frauen. Anders für den Hersteller des Medikaments: Hat er den Frauen die Notwendigkeit dieser Pille erst einmal eingeredet, eröffnet sich schnell ein neuer Markt, auf dem man die Nebenwirkungen mit einem anderen Produkt abfangen kann. Nicht der Sexualtrieb der Frauen dieser Gesellschaft ist erkrankt, sie selbst ist es. Und wird durch diese Pille immer kränker.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.