Déjà vu am Flughafen
Die Zweifel an den vollmundigem Ankündigungen des Investors aus China mehren sich
Liegt es nun an den aktuellen Problemen der chinesischen Wirtschaft oder vielleicht doch an der Person des Investors? Zweifel an der Geschäftspolitik des PuRen-Konsortiums und dessen vollmundigen Versprechungen seit der Übernahme des Lübecker Flughafens vor einem Jahr scheinen angebracht. In der Hansestadt sind die Befürchtungen groß, dass möglicherweise der dritte ausländische Investor des Regional-Airports nacheinander zum Flopp wird.
2014 übernahm der medienscheue chinesische Investor Yongqiang Chen mit der Firma PuRen den Betrieb des insolventen Flughafens. Großspurig hatte der Unternehmer eine rosige Zukunft für den seit Jahren defizitären Flughafen versprochen und für die Region gleich mit: einen boomenden Gesundheitstourismus, eine Pilotenschule, ein neues Luxushotel im benachbarten Kreis Herzogtum-Lauenburg und den Bau einer medizinischen Hefefabrik. Vieles wurde im Beisein von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) verkündet. Doch offenbar ist ebenso vieles davon nur eine Luftnummer, die nicht einen einzigen zusätzlichen Arbeitsplatz bringt.
Konkret sind die Hotelpläne in Millionenhöhe bereits eingefroren worden, besagte Hefefabrik steht in den Sternen, und es gibt große Skepsis gegenüber den Ankündigungen der Flugschule, die inzwischen immerhin offiziell eine behördliche Lizenz besitzt. Mit 5000 Flugschülern pro Jahr rechnet der Investor Chen. Der Verband der Allgemeinen Luftfahrt hält diese Zahl jedoch für vollkommen unrealistisch. In ganz Deutschland gibt es demnach nur 2000 angehende Privatpiloten im Jahr. Für 5000 würden rund 80 Maschinen benötigt, für die die Flughafengröße in Lübeck-Blankensee überhaupt nicht ausreiche. Vielleicht sind solch utopische Zahlen auch dem Umstand geschuldet, dass Chen und seine PuRen-Gruppe mit Firmenregistrierung in Hongkong keinerlei Erfahrung im Flugwesen mitbringen und nach Recherchen der »Zeit« in ihrem Heimatland nur einem unbedeutenden Lokalsender bekannt sind. Sicher ist: Gestartet wird der Lehrbetrieb zunächst mit zwei kleinen Sportflugzeugen.
Im Umfeld des Flughafenbetreibers schrillen die Alarmglocken. Die 70 Flughafenbeschäftigten haben im letzten Monat nur verspätet ihr Gehalt bekommen. Jetzt ist bekannt geworden, dass der chinesische Betreiber seit Mai rund 100 000 Euro an vereinbarter Pacht gegenüber der Stadt Lübeck einbehalten hat - offenbar wegen eines Streits, wer für den Brandschutz aufzukommen hat. Für Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) ist all das kein Grund zur Besorgnis. Solch ein Streit sei ein »üblicher Vorgang«, heißt es, überhaupt sehe er keinerlei Risiko.
Mit dieser Meinung steht der Bürgermeister allerdings ziemlich allein. Viele fürchten eine abermalige Bruchlandung für die hochverschuldete Stadt. Bereits zweimal hatte man sich in seinen Betreibern getäuscht. Nach dem Rückzug des neuseeländischen Flughafeninvestors Infratil (2005-2009) übernahm im November 2012 mit Mohamad Rady Amar ein deutsch-ägyptischer Geschäftsmann mit hochtrabenden Plänen das Sagen auf dem Blankenseer Flugfeld. Als dessen Pachtzahlungen ausblieben und er seine Anteile an einen nicht auffindbaren Berliner Geschäftspartner verkaufte, wurde im vergangenen Jahr die Insolvenz ausgerufen. Der Stadt Lübeck drohte die erneute Verantwortung für den kostspieligen Airport, denn eine Abwicklung wäre der noch teurere Weg gewesen.
Deshalb wurde ein neuer Investor gesucht und auf Vermittlung von CDU-Kreisen schließlich der Chinese Chen genommen - gegen zahlreiche Warnhinweise von Grünen und LINKEN. Das Vertrauen bei Thorsten Fürter, grüner Fraktionschef in Lübeck, ist arg angeschlagen. »Eigentlich muss die Stadt kündigen«, sagt er. Es könne nicht sein, dass da jemand städtisches Gelände nutzt und die Zeche prellt. Die Zahl der Flugverbindungen und Passagiere ist im Vergleich zum vergangenen Jahr rapide eingebrochen.
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