Der Kampf geht weiter

Staffelübergabe: Trevor Noah und Stephen Colbert übernehmen US-TV-Sendungen

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Spuren der US-amerikanischen Sariresendung »The Daily Show« reichen bis nach Deutschland - in Form der formal dreisten und inhaltlich ziemlich braven Kopie Namens »heute-show«. Doch das US-Original mit seinem Gastgeber Jon Stewart brachte zwischen 1999 und 2015 auch reihenweise scharfsinnige, lustige und bissige »Korrespondenten« hervor. Die Bekanntesten sind Stephen Colbert und John Oliver, die mittlerweile eigene Shows moderieren. Weniger bekannt war bis vor Kurzem der »Kollege aus Johannesburg«, der schwarze Südafrikaner Trevor Noah. Am Montagabend nun trat jener Noah die Nachfolge Jon Stewarts an. Jenes Satirikers, der während des medialen Totalversagen in der Bush-Ära zu einem der wichtigsten linken US-Vertreter der Vernunft wurde.

»Jon Stewart war unsere Stimme, unsere Zuflucht, ja sogar unser politischer Vater. Doch Vater hat sich aus dem Staub gemacht. Statt dessen sitzt da jetzt ein Stiefpapa - und der ist auch noch schwarz.« So huldigte Noah seinem Mentor, dessen politisch-kulturellen Einfluss auf die US-Gesellschaft man kaum hoch genug einordnen kann - und kanalisierte gleichzeitig geschickt die möglichen Vorbehalte des überwiegend weißen, linksliberalen Publikums auf den schwarzen »Emporkömmling«. Dass Noah dieses Publikum aber keinesfalls schonen möchte und schamlos den Finger in die US-amerikanische Rassismus-Wunde legen würde, hatte er bereits bei früheren Auftritten klar gemacht - wenn er etwa sagte, dass ihn das Verhalten der US-Polizei »nostalgisch an die Zeit der Apartheid zurückdenken« lasse. Oder wenn er zitierte, dass laut CNN das Einkommensgefälle zwischen weißen und schwarzen Durchschnittsfamilien in den USA heute größer sei »als damals im Apartheidstaat.«

Doch Noah fand auch ironischen Zugang zu seiner Herkunft: »Damals in Südafrika hätte ich mir zwei Dinge nicht träumen lassen: Dass ich einmal eine Innentoilette haben würde - und dass ich einst der Host der ›Daily Show‹ werden würde. An eines dieser Dinge habe ich mich schon gewöhnt.« Das andere »Ding« ist wohl sein neuer Job - den niemand haben wollte. Denn die Schuhe Jon Stewarts erschienen allen potenziellen Nachfolgern als zu groß - im Falle des ebenfalls angefragten Stephen Colberts wohl als zu klein. Und doch ist dieses propere, schmächtige, hochtalentierte und furchtlose Bürschchen Trevor Noah keine zweite Wahl. Er füllte während seines ersten Auftritts jenen Platz scheinbar mühelos aus, für den der Sender Comedy Central nach Stewarts Abgang geworben hatte: »Der gleiche Stuhl, ein neuer Arsch.« Und für seine Ernennung als Nachfolger Stewarts hatte Noah dann auch noch den passenden Witz: »Comedy Central hat viele US-Kollegen angefragt - alle haben abgelehnt. Wieder einmal muss also ein Einwanderer einen Job übernehmen, den die Amerikaner verschmähen.«

Eine weitere Legende des US-TV wurde kürzlich beerbt: Anfang September trat Stephen Colbert das schwere Erbe von David Lettermans »Late Show« an - und schulterte diese Bürde erwartungsgemäß bravourös. In einem Gespräch mit dem Immobilien-Tycoon und potenziellen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump charakterisierte Colbert, der mit der fiktiven Figur eines reaktionären Kommentators berühmt wurde, sich selber - und Trump: »Ich habe die letzten Jahre einen absolut überkandidelten Konservativen gespielt - natürlich nicht in dem extremen Maße wie Sie, Mr. Trump.« Stephen Colbert hat die Kunstfigur Colbert zum Glück nicht abgestreift. Er führt den Charakter einfach weiter, verlässt ihn aber auch bei Bedarf, was seine Darstellung noch facettenreicher macht.

Ob glücklicher Zufall oder perfektes Timing: Trevor Noah und Stephen Colbert gehen an den Start, wenn man sie dringend braucht - mitten im Wahnsinn des US-Vorwahlkampfs. Und Trevor Noah sprach wohl auch für Stephen Colbert als er ankündigte: »Auch wenn sich einiges verändert hat: Wir führen den Kampf gegen den Bullshit weiter.«

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