Arbeitszeit und Klassenkampf
Ab Sonntag tagt die IG Metall in Frankfurt
Im Mittelpunkt des Interesses vieler Gewerkschafter steht in den kommenden Tagen der 23. Ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall, der am Sonntag in der Bankenmetropole Frankfurt am Main eröffnet wird. Bei dem im IG-Metall-Jargon auch «Parlament der Arbeit» genannten höchsten Gremium der Organisation, das bis Samstag kommender Woche tagt, werden knapp 500 Delegierte aus den Untergliederungen der größten DGB-Gewerkschaft ausführlich über Rechenschaftsbericht, gut 500 Anträge und Entschließungen sowie Schwerpunkte der politischen und betrieblichen Arbeit der Organisation diskutieren und verabschieden und nicht zuletzt einen neuen geschäftsführenden Vorstand wählen.
Der derzeitige Erste Vorsitzende Detlef Wetzel wird sich nicht wieder zur Wahl stellen, weil er in der kommenden vierjährigen Wahlperiode das Rentenalter von 65 Jahren erreichen wird und der Organisation ein teurer außerordentlicher Gewerkschaftstag zur Wahl eines Nachfolgers erspart werden soll. Um die Nachfolge Wetzels bewirbt sich Jörg Hofmann, der seit 2013 als Zweiter Vorsitzender der Gewerkschaft fungiert und zuvor den traditionell kampfstarken IG Metall-Bezirk Baden-Württemberg geleitet hatte. Neue Zweite Vorsitzende soll nach einem Vorschlag des geschäftsführenden Vorstands Christiane Benner werden. Sie hatte sich im engeren Führungskreis in der Frankfurter IG Metall-Zentrale bisher vor allem um die immer wichtiger werdenden Personengruppen Jugend, Frauen, Migration und Angestellte gekümmert. Bei einer Wahl Benners stünde in der traditionell mit männlichen Facharbeitern stark gewordenen IG Metall erstmals eine Frau in einer herausragenden Position. Derzeit zählt die Gewerkschaft über 400 000 weibliche Mitglieder.
Die IG Metall gilt mit 2,27 Mitgliedern nicht nur als größte DGB- Gewerkschaft, sondern auch als größte Einzel- und Branchengewerkschaft der Welt. Sie gliedert sich in sieben Bezirke und verzeichnet nach jahrelangem Rückgang seit 2011 wieder einen leichten Mitgliederzuwachs.
Einen Schwerpunkt der Debatten dürfte Fragen der Arbeitszeitverkürzung und flexiblen Arbeitszeitgestaltung bilden.
Dass die derzeit überwiegend «pragmatische» und auf sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit mit Unternehmern, Arbeitgeberverbänden und Regierung ausgerichtete Linie der IG-Metall-Spitze indes nicht von allen Mitgliedern vorbehaltlos getragen wird, zeigt ein Antrag der Verwaltungsstelle Hanau (Hessen). Darin wird der Vorstand aufgefordert, «die Interessen der Mitglieder stärker in den Vordergrund zu stellen». Nachhaltige Fortschritte seien «nur kämpferisch gegen die Arbeitgeber durchzusetzen», so die Hanauer. Die Darstellung der IG Metall in einem Debattenpapier zum Gewerkschaftstag als «Partner» der Industrie sei «weltfremd» und der erneute Beginn einer Debatte für ein neues Bündnis zur Industrie sei «desorientierend» und weise in die falsche Richtung. Die «negativen Erfahrungen mit dem in den 1990er Jahren vom damaligen Gewerkschaftschef Klaus Zwickel propagierten »Bündnis für Arbeit« dürfen nicht ignoriert werden, fordert der Hanauer Antrag.
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