Optimiert nur für den Prüfstand

Umweltverbände fordern realistische Auto-Abgastests und Sanktionen bei Verstößen

Der Staat soll die Autoindustrie auf den rechten Weg leiten, statt ihr weiter den Rücken freizuhalten, fordern Umweltverbände. Auch bei anderen Konzernen als VW weichen die Prüfwerte von den tatsächlichen Emissionen ab.

VW ist beim Betrügen erwischt worden, doch auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller haben die auf dem Prüfstand gemessenen Emissionswerte bei Stickoxiden, Feinstaub und Kohlendioxid wenig mit dem Alltag auf den Straßen zu tun. In den vergangenen Jahren sind die bei solchen Tests ermittelten Verbrauchsangaben der Autokonzerne zwar deutlich gesunken, der tatsächliche Verbrauch ist hingegen etwa gleich geblieben, kritisieren Verbraucher- und Umweltschutzverbände seit Langem. Motoren wurden so optimiert, dass sie auf dem Prüfstand gut abschnitten, aber eben auch nur dort. Eine behördliche Überprüfung hat aber nicht stattgefunden, obwohl das Bundesverkehrsministerium schon vor einem Jahr in einem Schreiben an die EU-Kommission einräumte, dass der Stick- oxidausstoß neuer Dieselmodelle um das mehr als Vierfache über dem gesetzlichen Grenzwert der Euro-6-Norm liegt. Der Aktionismus von Minister Alexander Dobrindt (CSU) im VW-Skandal sei ebenfalls nur Theater, meint Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz. »Aufgedeckt wird nur das, was ohnehin bekannt ist.«

Daher fordern jetzt mehrere Umweltverbände in einem offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel Nachmessungen bei Fahrzeugen aller Hersteller, egal ob Diesel oder Benziner. Sämtliche Tests müssten künftig im »Realbetrieb« auf der Straße stattfinden und unverzüglich veröffentlicht werden. Abweichungen von den Grenzwerten seien zu sanktionieren. Die Einhaltung von Abgasvorschriften müsse von einer »unabhängigen Behörde«, am besten dem Umweltbundesamt, überwacht werden statt wie bisher vom Kraftfahrt-Bundesamt.

Es sei »absolut fahrlässig«, wenn »Grenzwerte zwar erlassen, aber die Einhaltung nicht kontrolliert werden«, begründete Michael Müller-Görnert vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) bei einer Pressekonferenz am Montag in Berlin den Vorstoß. In der Folge würden Umwelt und Gesundheit belastet, Autofahrer zahlten mehr als von den Herstellern versprochen für den Sprit, Beschäftigte bei VW und Zulieferer bangten um ihre Jobs.

Daniel Moser von Greenpeace fordert zudem eine sukzessive Abschaffung der Steuervergünstigungen für Dieselkraftstoff, wodurch dem Finanzminister jährlich etwa sieben Milliarden Euro entgingen. Das Geschenk von aktuell rund 22 Cent pro Liter mache Dieselfahrzeuge vor allem für Vielfahrer zur ersten Wahl. Ein falsches Signal, selbst aus Sicht der deutschen Autoindustrie, denn sie werde »im globalen Wettbewerb zurückgeworfen«, so Moser. Der Dieselboom gefährde sämtliche Effizienzbemühungen, bei Hybridmotoren hinkten deutsche Hersteller hinterher.

Davon, dass dies den Autokonzernen früher oder später auf die Füße fallen wird, ist auch Dietmar Oeliger vom Naturschutzbund Deutschland überzeugt. Da eine funktionierende Abgastechnik in Dieselmotoren sehr teuer sei, müssten sich die Hersteller vor allem bei Kleinwagen sukzessive vom Dieselmotor verabschieden.

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