Beckenbauer: Ich habe blind unterschrieben

Chef des WM-OK äußert sich öffentlich zur WM-Affäre

Franz Beckenbauer hat erstmals öffentlich umfassend zur Korruptionsaffäre rund um die Fußball-WM 2006 Stellung bezogen, einen Stimmenkauf jedoch erneut bestritten. Im Interview mit der »Süddeutschen Zeitung« musste der 70-jährige Ex-Chef des WM-Organisationskomitees allerdings auch zugeben, sich entweder an viele Details nicht mehr zu erinnern oder blind Dokumente unterschrieben zu haben, deren Inhalt er nicht gekannt habe.

So erklärt Beckenbauer auch das Dokument, das er und Jack Warner kurz vor der Abstimmung über den WM-Gastgeber im Juli 2000 unterzeichnet hatten. Darin wurden dem FIFA-Exekutivmitglied Hilfe für seinen Verband in Trinidad & Tobago sowie WM-Tickets versprochen. Warner verkaufte letztere oft gewinnbringend weiter. »Er hat uns gesagt: Meine Stimme, die kriegt ihr nicht. Und trotzdem haben wir versucht, mit diesem Papier - ich kenne es erst seit ein paar Stunden - scheinbar irgendeine Geschichte mit ihm zu machen, von der sein Verband profitiert«, sagte Beckenbauer.

Der Ex-Präsident des FC Bayern München schließt nicht aus, dass weitere Dokumente auftauchen werden: »Ich habe immer alles einfach unterschrieben, sogar blanko. Wenn ich jemandem vertraue, unterschreibe ich alles.« Obwohl er also nicht weiß, welche potenziell illegalen Verträge er unterzeichnet hat, behauptet Beckenbauer im SZ-Gespräch: »Ich weiß, dass ich nichts Unrechtes getan habe. Ich habe ein reines Gewissen. Wir haben weder bestochen, noch haben wir schwarze Kassen gehabt.«

In Bezug auf die ominöse Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die FIFA bleibt Beckenbauer bei der Version, dass das WM-OK sich damit eine FIFA-Unterstützung in vielfacher Höhe sichern wollte. OK-Vize Fedor Radmann habe damals nach einem Gespräch mit FIFA-Vize Mohammed bin Hammam angeblich gesagt: »Wir bekommen 250 Millionen Schweizer Franken. Aber wir müssen der Finanzkommission vorher zehn Millionen Franken zahlen.« Es sei ein Fehler gewesen, nicht nachgefragt zu haben, wohin die Millionen geflossen seien. »Wir wollten die WM organisieren, alles andere war mir wurscht«, so Beckenbauer.

Das Geld soll vom damaligen Adidas-Chef Robert Louis Dreyfus gekommen sein. »Ich weiß nicht, dass ich einen Schuldschein unterschrieben habe. Aber ... es wird schon so gewesen sein«, wies Beckenbauer auf Erinnerungslücken hin. So etwas habe sein Manager Robert Schwan für ihn erledigt. Mit der Rückzahlung und der Tarnung als Beitrag zu einem FIFA-Kulturprogramm durch den DFB habe er sich nicht beschäftigt. »Das hat offenbar Horst R. Schmidt übernommen«, schiebt Beckenbauer auch hier die Verantwortung von sich. Gegen den Ex-Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes Schmidt wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt.

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