Werbung

Zocken mit der Gesundheit

Kurt Stenger über die Zinsprobleme der Krankenversicherungen

Für neoliberale Gesundheitsökonomen ist der Fall klar: Wie bei der Altersversorgung ist auch im Gesundheitssystem das Umlageverfahren mitsamt Solidarprinzip ein Auslaufmodell. Das demografische Problem, wonach immer weniger Junge und Gesunde für immer mehr Alte und Kranke zahlen müssen, sei für die Gesetzliche Krankenversicherung nicht zu bewältigen. Dagegen sei das Kapitaldeckungsverfahren der Privatkassen der Schlüssel zur Zukunft. Lange Jahre war diese gefährliche Meinung vorherrschend, auch in TV-Talkshows. Demagogisch wurden die Leistungskürzungen bei den Gesetzlichen und die Zwei-Klassen-Medizin als Beweis angeführt, obwohl diese mit dieser Systemfrage nichts zu tun hatten.

Erst die Finanzkrise mit ihren Börsencrashs brachte die Erkenntnis mit sich, dass auch bei der Kapitaldeckung erhebliche Risiken lauern. Die privaten Krankenversicherer gehen das Demografieproblem so an, dass sie einen Teil der Beiträge der Jungen gewinnbringend anlegen, um für deren Alter gewappnet zu sein. Sind jedoch die Zinsen über einen längeren Zeitraum extrem niedrig, geht die Rechnung nicht mehr auf. Viele Versicherer haben daher aktuell erhebliche Probleme. Das Umlageverfahren mag nicht perfekt sein - wer das Demografieproblem aber mit dem Börsenkapitalismus lösen will, läuft Gefahr, die Gesundheitsversorgung zu verzocken.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.