Alles ganz einfach
Kurt Stenger über Defizite und Bankenprobleme im Euroraum
Aus Sicht von Wolfgang Schäuble ist die Sache mit den hohen Defiziten in Spanien und Portugal ganz einfach: »Wir müssen die Regeln, die wir uns gegeben haben, anwenden«, sagte der deutsche Finanzminister und machte sich für harte Strafen stark.
Und die werden wohl tatsächlich erstmals verhängt. Die Lehre aus dem Brexit-Referendum scheint zu sein: Finanzpolitisch machen wir weiter wie bisher, nur ziehen wir die Daumenschrauben richtig an. Dies zeugt aber nicht von kluger Lehre, sondern von geistiger Leere. So wird vergessen, dass Deutschland die Defizitgrenze öfter gerissen hat als Spanien. Es geht aber nicht darum, endlich konsequent gegen alle Vorstöße durchzugreifen, sondern darum, die bei der Eurogründung ebenso willkürlich festgelegten wie unsinnigen Defizitkriterien endlich zu entsorgen. Logische Folge ist nämlich die Austeritätspolitik, die weite Teile Europas im Würgegriff der Stagnation hält, was die Schuldenprobleme nur verschärft. Auch Italiens neue Bankenkrise ist eine direkte Folge davon. Läuft die Wirtschaft schlecht, wächst eben der Berg fauler Kredite. Den gordischen Knoten kann nur der Staat mittels expansiver Finanzpolitik durchschlagen. Wenn die Konjunktur dann wieder rundläuft, sind Italiens Bankenprobleme entschärft - und Spanien wie Portugal haben dank florierender Steuereinnahmen die Chance, die Verschuldung zurückzufahren.
Es ist also tatsächlich alles ganz einfach - nur eben komplett anders, als es der Bundesfinanzminister immer darstellt.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.