Auftragsboom und Dauerstaus
Warum Handwerker in NRW lange auf sich warten lassen
Düsseldorf. Weil die Auftragsbücher der NRW-Handwerksbetriebe prallvoll sind und viele Lieferwagen auf den Autobahnen im Dauerstau stehen, müssen sich Kunden in Nordrhein-Westfalen auf Wartezeiten einstellen. »Sie können seit der A1-Sperrung bei Leverkusen oft gar nicht mehr auf Stunden verlässlich zusagen, wann Sie ankommen«, sagte der Präsident von Handwerk.NRW, Andreas Ehlert, bei der Jahrespressekonferenz in Düsseldorf. Die Wagen der Mitgliedsbetriebe stünden vor allem im Köln-Düsseldorfer Raum stundenlang im Stau.
Das NRW-Handwerk klagt seit Jahren über den Verkehrsinfarkt im Rheinland. Der Schaden durch verlorene Arbeitszeit liege insgesamt im dreistelligen Millionenbereich pro Jahr, sagt Ehlert. Sein Verband fordert Sofortmaßnahmen wie die Freigabe von Standstreifen und schnelleren Autobahnbau.
Viele NRW-Handwerksbetriebe arbeiten angesichts des aktuellen Baubooms an der Kapazitätsgrenze und können deshalb auf unplanmäßige Verzögerungen nur schwer reagieren: Die Handwerksbetriebe seien zu 80 Prozent ausgelastet, im Bau sogar zu 86 Prozent. »Das ist praktisch Vollauslastung.« Sehr gut läuft das Geschäft auch für Autowerkstätten und im Gesundheitsgewerbe.
Insgesamt erzielten die knapp 190 000 Handwerksbetriebe in NRW 2016 rund 3,5 Prozent mehr Umsatz und rechnen auch für 2017 mit weiterem Zuwachs von etwa 1,5 Prozent. Rund 1,1 Millionen Menschen arbeiten in NRW-Handwerksbetrieben - etwas mehr als im Vorjahr. »Wir könnten noch mehr einstellen, finden aber nicht genug Interessenten«, sagte Ehlert. Personal bleibe ein Engpassfaktor.
Falls sich Handwerker wegen voller Terminkalender oder verstopfter Straßen verspäten, würden sie aber geschult, den Kunden rechtzeitig Bescheid zu sagen. »Pünktlichkeit, Höflichkeit, seriöses Aussehen - das ist Teil unserer Ausbildungsprogramme ›Botschafter im Blaumann‹«, sagte Ehlert. »Jeder hat heute ein Handy und kann beim Kunden anrufen.«
Sorgen machen den Handwerkern mögliche Auflagen für dieselbetriebene Lieferwagen in Innenstädten, etwa in Düsseldorf. »Der Pfusch der Industrie darf nicht dem Handwerk zur Last gelegt werden«, forderte Ehlert. Handwerksbetriebe nutzen fast ausschließlich Dieselfahrzeuge. Falls Umweltauflagen verschärft würde, müsse es eine »vernünftige Übergangsregelung« geben, sagte der Handwerks-Präsident. »Änderungen dürfen nur für Neufahrzeuge gelten, bereits angeschaffte Fahrzeuge müssen ihre normale Nutzungsdauer ausschöpfen dürfen.« dpa/nd
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