Rotstift für die UN-Blauhelme
Präsident Trump kürzt US-Zahlungen an Friedensmissionen der Vereinten Nationen
»Wenn Donald Trump gewählt wird und politisch umsetzt, was er angekündigt hat, dann habe ich keinen Zweifel daran, dass er eine Gefahr für die Weltgemeinschaft sein wird«, warnte Said Ra'ad al-Hussein im Vorjahr. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte dürfte sich bestätigt fühlen, auch mit Blick auf die Vereinten Nationen. Ein Klub von Schwätzern sei das, die eine gute Zeit haben wollen, so ätzte der Rechtspopulist vor seinem Amteitritt auf Twitter über die Weltorganisation. Als Präsident des größten Zahlers unter den 193 Mitgliedstaaten macht er nun Ernst, denn dieser Pflichtbeitrag sei für die Vereinigten Staaten nur »unfair«. Er will ihn kürzen.
Dabei gilt auf Grundlage von Artikel 17 der UN-Charta ein Schlüssel, dem auch die Vereinigten Staaten in der Vollversammlung der Vereinten Nationen zugestimmt haben. Eine politische Debatte über die fraglos notwendige Reform der Weltorganisation, die dann aber auch die Rolle der USA und der anderen Ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat einschließen muss, hat Trump ohnehin nicht im Sinn.
Pflichtbeiträge zum regulären Haushalt der UNO orientieren sich an der Zahlungsfähigkeit der Mitglieder; Maßstab ist das Bruttonationaleinkommen in den vergangenen sechs Jahren, aber auch der Grad der Außenverschuldung oder ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen werden berücksichtigt. Ein Staat verliert sein Stimmrecht in der Vollversammlung, wenn er mit der Beitragszahlung für zwei Jahre im Rückstand ist und der Verzug allein in seiner Verantwortung liegt. Für 2016/2017 beläuft sich der UNO-Haushalt inklusive aller Nachträge auf rund 5,6 Milliarden US-Dollar, etwas mehr als fünf Milliarden Euro. Die vier größten Zahler sind die USA, die 22 Prozent der Ausgaben tragen, Japan (9,68), China (7,92) und Deutschland (6,39). Wobei Washingtons Beitrag aus politischen Gründen schon gedeckelt worden ist. Auch der UN-Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien verfügt über einen eigenen regulären Haushalt. Daneben zahlen die Mitgliedstaaten pflichtgemäß für die sogenannten Blauhelm-Missionen - hier wurden rund 7,9 Milliarden US-Dollar veranschlagt - und freiwillig für humanitäre Hilfsmaßnahmen.
Trumps erster Haushaltsentwurf nun sieht eine Milliarde Dollar weniger für die weltweit 16 UN-Friedensmissionen vor. Die Finanzierung des Weltbevölkerungsfonds soll auf seine ausdrückliche Anweisung hin gleich ganz gestoppt werden, weil die UNFPA auf »Zwangsmaßnahmen« in der Familienplanung einschließlich Abtreibung und Sterilisation setze. Der Präsident will insgesamt nur noch die Hälfte der bisher über acht Milliarden Dollar an die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen überweisen. Während die Militärausgaben der USA um 54 Milliarden Dollar steigen sollen, das ist ein Zuwachs von zehn Prozent, muss die UNO das Budget für ihre Friedensmissionen vor allem in Afrika und Nahost, aber auch auf Haiti, Zypern und in Kosovo jetzt um 7,2 Prozent, das heißt rund 600 Millionen Dollar, kürzen, wie am Mittwoch (Ortszeit) im New Yorker Hauptquartier bestätigt wurde.
Am schwersten betroffen sind die beiden größten Einsätze in der sudanesischen Region Darfur und in der DR Kongo, wo die Budgets jeweils bei über einer Milliarde Dollar liegen. Das macht ihre Aufgabe noch schwerer. Immer wieder stehen einzelne Missionen in der Kritik, weil Truppen nicht ausreichend verfügbar und ausgebildet sind. Zudem gab es Missbrauchsvorwürfe, zuletzt vor allem in Zentralafrika.
Vorausgegangen waren in dieser Woche Gespräche von UN-Generalsekretär António Guterres mit US-Außenminister Rex Tillerson in Washington. Während seines mehrtägigen Besuchs traf Guterres auch den republikanischen Mehrheitsführer des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. Die Konservativen drängen schon seit Langem auf eine Reduzierung der US-Zahlungen an die Vereinten Nationen.
Bei Anhörungen im Kongress ließ UN-Botschafterin Nikki Haley keinen Zweifel daran, dass die Verringerung des Washingtoner Anteils am Peacekeeping-Etat von derzeit 28,5 auf 25 Prozent »nachhaltig« sein werde. Peter Yeo von der Better World Campaign, die sich für bessere Beziehungen zwischen USA und UNO einsetzt, befürchtet »verheerende« Folgen. Die UN-Vollversammlung muss bis Ende dieser Woche über das neue Budget abstimmen; das neue Haushaltsjahr beginnt am 1. Juli.
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