Dollarflaute bei Ägyptens Militär
US-Außenministerium kürzte Militärhilfen wegen Menschenrechten und Kairos Zusammenarbeit mit Nordkorea
Im Hafen von Alexandria werden große Geschäfte gemacht. Analysten beobachten genau, wie viele Güter hier umgeschlagen werden und für wen sie bestimmt sind. Börsenkurse und Kreditratings werden beeinflusst, wenn der Handel zurückgeht. Der Hafen und der Suezkanal sind zwei der wichtigsten Devisenquellen des chronisch klammen Ägyptens.
Doch nun ist ein Schlaglicht auf einen Aspekt von Ägyptens Politik und Wirtschaft gefallen, über den man in Kairo gar nicht gerne spricht: die Beziehungen Kairos zu Nordkorea. US-Außenminister Rex Tillerson hat der ägyptischen Regierung nun 95,7 Millionen US-Dollar an Militär- und Wirtschaftshilfen ganz gestrichen; weitere 195 Millionen US-Dollar wurden eingefroren.
Offiziell geht es um die Menschenrechte in Ägypten. Zehntausende sitzen aus politischen Gründen in Haft. In Massenprozessen werden immer wieder mehrere Hundert Angeklagte ohne ordentliche Beweisführung zum Tode verurteilt. Außerdem werden weitreichende Zensurgesetze eingeführt. Zuletzt hatte Präsident Abdelfattah al Sisi ein Gesetz unterzeichnet, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen massiven Einschränkungen unterwirft.
Offiziell ist die Sperrung der 195 Millionen US-Dollar damit nichts weiter als eine Erfüllung von gesetzlichen Verpflichtungen: Laut US-Gesetzgebung muss der Außenminister entweder erklären, dass ein Land die Menschenrechte einhält, oder 15 Prozent der genehmigten Zahlungen - im Fall Ägyptens sind das insgesamt rund 1,3 Milliarden US-Dollar - zurückhalten.
In Kairo sorgte der Zahlungsstopp für Überraschung und Unmut. Erst im Mai hatte US-Präsident Donald Trump in Kairo neben Ägyptens Staatschef Abdelfattah al Sisi gestanden, ihn als »einzigartige Person, die in der Lage ist, das Unmögliche zu tun« gelobt. Doch schon damals konnte man zwischen den Zeilen Konfliktpotenzial erkennen. Aus der Pressemitteilung über ein Telefonat zwischen Trump und al Sisi geht hervor, dass Trump eine Einstellung der ägyptischen Zusammenarbeit mit der nordkoreanischen Regierung forderte.
Vor allem Alexandria gilt schon seit langem als Zentrum des Waffenhandels mit Nordkorea. In einem Bericht kritisieren die Vereinten Nationen, dass in der Hafenstadt mehrere Scheinfirmen der Regierung in Pjöngjang ihren Sitz haben, ohne dass die ägyptischen Behörden dagegen etwas unternähmen. Ägyptische Unternehmen brechen zudem offen die internationalen Sanktionen gegen Pjöngjang. So baute ein ägyptischer Konzern, dessen Besitzer enge Beziehungen zu al Sisi unterhält, ein Mobilfunknetz in Nordkorea auf.
Die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern reicht bis in die frühen 1970er Jahre zurück, als Nordkorea vor dem Jom Kippur-Krieg ägyptische Piloten ausbildete. Anfang der 80er Jahre lieferte Ägypten Raketen an Nordkorea.
Auf die Ansagen aus Washington hatte Ägyptens Regierung zunächst reagiert, indem man öffentlichkeitswirksam ein Schiff aufbrachte, das nach Angaben des ägyptischen Verteidigungsministeriums Waffen geladen hatte. Außerdem schloss man zwei der nordkoreanischen Scheinfirmen in Alexandria.
Doch aus amerikanischer Sicht ist dies nun, da sich die Situation rund um Nordkorea zuspitzt, nicht genug. Über seinen Schwiegersohn Jared Kushner ließ Trump ausrichten, was er von al Sisi will. Außerdem sprachen in den vergangenen Tagen mehrmals US-Diplomaten bei al Sisi vor; es sei um Nordkorea gegangen, heißt es aus der US-Botschaft in Kairo.
Die Blockade der Gelder bringt Kairo in eine schwierige Lage, obwohl sie nur einen geringen Teil der Gesamtzahlungen erfasst. Denn auf der Sinai-Halbinsel, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Israel, kämpft das ägyptische Militär seit Jahren gegen den örtlichen Ableger des Islamischen Staats. Man braucht die Zahlungen, um Verträge mit US-Zulieferern erfüllen zu können. Denn die US-Militärhilfen sind nahezu vollständig daran gebunden, dass sie für Lieferungen und Leistungen für US-Unternehmen ausgegeben werden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.