Prozess gegen Steudtner hat begonnen

  • Ulrich von Schwerin, Istanbul
  • Lesedauer: 2 Min.

Brechend voll war es am Mittwoch im Gerichtssaal des Istanbuler Justizpalasts Caglayan. Noch am Rand standen die Zuschauer, es drängten sich Menschenrechtler, Journalisten, Abgeordnete. Der Andrang zeigt die Bedeutung des Verfahrens: Angeklagt sind der Deutsche Peter Steudtner und zehn weitere Menschenrechtsaktivisten. Bei dem symbolträchtigen Prozess wird auch - so sehen es viele Beobachter - ganz generell über die Lage der Menschenrechte und der Justiz in der Türkei entschieden.

Die Angehörigen der elf Angeklagten nutzen die Pausen, um ihren Lieben zuzuwinken. Diese müssen sich wegen »Unterstützung einer Terrororganisation« vor dem Istanbuler Gericht verantworten. Die Klagen richten sich unter anderen gegen den Deutschen Steudtner, den Schweden Ali Gharavi und die Spitze von Amnesty International in der Türkei. Sie waren Anfang Juli in einem Hotel auf der Insel Büyükada bei Istanbul festgenommen worden, als sie an einem Workshop über Stressbewältigung und Kommunikationssicherheit teilnahmen. Eine Routineveranstaltung, versichern die Teilnehmer. Ein konspiratives Treffen von Terrorhelfern, argumentiert die türkische Anklage.

Steudtner sagt in seiner Verteidigung, die er auf Englisch hält, er setze sich seit zwanzig Jahren aus Überzeugung für die gewaltfreie Lösung von Konflikten ein. Zuletzt habe er vor allem in Mosambik, Angola und Kenia gearbeitet. Kontakte zu türkischen Organisationen habe er nicht. »Einige der Terrororganisationen, denen ich angeblich angehören soll, kannte ich nicht mal beim Namen«, sagt er. »Als Menschenrechtsaktivistin kann ich kaum verstehen, wie ein Workshop als Unterstützung einer bewaffneten Terrorgruppe verstanden werden konnte«, versichert auch die Angeklagte Özlem Dalkiran von der Gruppe Citizen's Assembly in ihrer Verteidigung. Es habe sich keineswegs um ein konspiratives Treffen gehandelt. Der Workshop habe in einem frei zugänglichen Raum am Pool stattgefunden, sagen auch andere Teilnehmer. Dass der IT-Experte Gharavi sie im Verschlüsseln von E-Mails und im sicheren Gebrauch von Messenger-Diensten geschult habe, habe allein dem Schutz ihrer Quellen gedient. Die Justiz wirft den Angeklagten vor, einen Aufstand geplant zu haben.

International wird der Prozess genau verfolgt. Auch der deutsche Generalkonsul Georg Birgelen war am Mittwoch anwesend, ebenso wie der Grünen-Politiker Özcan Mutlu aus Berlin. AFP/nd

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