Dank den klugen und fleißigen Frauen
«Und so fortan!» - Die römische Casa di Goethe feiert ihr 20-jähriges Bestehen
Gegen uns über im Palast Rondanini« - Goethes stilistisch eigenwillige Formulierung - eine Übersetzung seiner in den Briefen aus Rom empfohlenen Adresse »Incontro del Palazzo Rondanini« - könnte vielleicht noch immer als Postadresse seiner römischen Wohnung funktionieren. In diesem Haus - heute mit der einfachen Adresse »Corso, 18« - wohnte Goethe von 1786 bis 1788 für fünfzehn Monate, nur unterbrochen durch die Reise nach Neapel und Sizilien, zusammen mit seinen Malerfreunden Tischbein, Bury und Schütz. In den Herbstwochen des Jahres 2017 - eine Huldigung an Goethes Ankunft in Rom am 29. Oktober vor 231 Jahren - ist das Haus von heiterer Feierlaune und fröhlichen Gästen erfüllt, denn die Casa di Goethe feiert ihr 20-jähriges Bestehen.
1997 als Einrichtung des »Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute e. V. (AsKI)« gegründet, hat sich die Casa di Goethe zu einem angesehenen und vielbesuchten kulturellen Zentrum in der italienischen Hauptstadt entwickelt. Maßgeblich von Konrad Scheurmann konzipiert und aufgebaut, 1997 bis 2013 von Ursula Bongarts und seitdem von Maria Gazzetti geleitet, ist es heute aber weit mehr als nur eine Goethe-Erinnerungsstätte. Natürlich ist die Dauerausstellung in den historischen Räumen Goethe gewidmet, ist die deutsche und italienische Goetheforschung durch Vorträge, Buchpremieren, Filme usw. stets präsent. Doch es geht dem kleinen Team - neben Maria Gazzetti noch Dorothee Hock und Claudia Nordhoff - um weit mehr als nur um die Erinnerung an eine der wichtigsten Etappen in Goethes Lebenskreisen. Es geht auch um die Begegnung mit dem Werk anderer Dichter und Künstler, die um 1800 und später bis in unsere Zeit in Italien und Rom weilten und hier entscheidende Impulse erhielten. Immer damit verbunden ist auch der ständige Gedankenaustausch über die heutigen Fragen, Errungenschaften und Aufgaben der deutschen Kulturlandschaft. Dazu dienen besonders die ständigen Gesprächsreihen »Incontri Romani« und »Rom trifft Berlin«.
Nicht nur die Zahlen sind beeindruckend - über 70 Wechselausstellungen und mehr als 500 Veranstaltungen seit 1997 - , sondern auch die Solidität und der Einfallsreichtum, mit denen dieses historische Haus und seine heutigen Sammlungen erhalten, erschlossen und vermittelt werden. Die Autorität und Kompetenz der Casa di Goethe ist unumstritten, so wurden 2012 das Archiv und die kostbare Bibliothek des »Deutschen Künstlervereins«, der von 1845 bis 1915 in Rom tätig war, der Casa di Goethe übertragen. Die umfangreiche Ausstellungstätigkeit ist ohne Zweifel das stärkste Element der öffentlichen Wirkung des Hauses. Nur einige der eindrucksvollen Ausstellungen der letzten Jahre können hier genannt werden: »Thomas und Heinrich Mann in Italien«, »Am Fuße der Pyramide«, eine Ausstellung zum nichtkatholischen Friedhof an der römischen Cestius-Pyramide, sowie die sensationelle Präsentation der skandalumwitterten Lady Hamilton unter dem Titel »Eros und Attitude«. In der Regel sind die Ausstellungen mit repräsentativen, reich bebilderten, meist zweisprachig, in Deutsch und Italienisch, abgefassten Katalogen verbunden, die das erarbeitete Material für künftige Nutzer bewahren. So ist es nur verständlich, aber dennoch eine große Leistung, dass zum 20-jährigen Jubiläum ein umfangreicher zweibändiger Gesamtkatalog der Sammlungen der Casa di Goethe vorgelegt wird - künftig unentbehrlich für alle Goethe- und Rom-Freunde und für die historische Forschung.
Nicht unerwähnt kann bleiben, dass die Casa di Goethe von Anfang an auch ein besonderes Stipendiatenprogramm für Schriftsteller und Künstler anbietet. Sigrid Damm war eine der ersten Stipendiatinnen. Dass sie ein Buch über ihre Erlebnisse in Rom und Italien schreiben würde, war zu erwarten: 2012 veröffentlichte sie es im Insel-Verlag unter dem Titel »Wohin mit mir« und deutete damit die für sie nicht problemlose, aber letztlich produktive römische Zeit an. 200 Jahre nach Goethes berühmter »Italienischer Reise« ein neues bemerkenswertes Buch zu diesem Thema, - auch das hat die Casa di Goethe zuwege gebracht!
Die klugen und fleißigen Frauen im Haus Corso 18 werden nicht lange feiern; man kann sicher sein, dass man auch in Zukunft viel Interessantes, Neues und für jeden Rombesucher und Goethefreund Produktives von ihnen erwarten kann.
Sagen wir es doch mit Goethe: »Und so fortan!«.
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