- Kommentare
- Brotpreise in Sudan
Tödliche Liberalisierung
Martin Ling über das Beispiel steigender Brotpreise in Sudan
Liberalisierung kann tödlich sein. Vor zehn Jahren flimmerten die Hungerrevolten von Haiti bis Ägypten über den Bildschirm. In 40 Ländern des Globalen Südens kam es damals zu »Food Riots«, die Dutzende Menschen das Leben kosteten. Sie hatten gegen steigende Grundnahrungsmittelpreise demonstriert. Brot- und Benzinpreise sind in armen Gesellschaften mit extremer sozialer Sprengkraft beladen, der Benzinpreis trifft über die Fahrpreise die Allerärmsten direkt und über steigende Nahrungsmittelpreise wegen höherer Transportkosten indirekt und weit mehr als die Autofahrer, die dort zu den Bessergestellten gehören.
Mangels internationaler Medienpräsenz dringen aus Sudan eher selten Nachrichten in den Globalen Norden. Dass es bei Protesten gegen eine Verdopplung der Brotpreise gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei mit einem Todesopfer gegeben hat, ist eine dieser Ausnahmen, die Proteste gegen eine Benzinpreiserhöhung 2016 eine andere.
Sudans Regierung steckt in Finanznöten und reagiert darauf mit einem sattsam bekannten Muster: Privatisierung und Liberalisierung. So wurde beschlossen, die Getreideimporte der Privatwirtschaft zu überlassen. Die Verdopplung des Brotpreises war eine absehbare Konsequenz, die Importeure wollen schließlich verdienen und nicht die Hungerleider subventionieren. Ähnlich wie in Iran, dürften die Proteste kurzfristig das Regime in Khartum nicht aus dem Sattel heben. Langfristig kommt Khartum nicht darum herum, Perspektiven für die im Schnitt sehr junge Bevölkerung zu schaffen, sonst droht mehr als ein Brotaufstand.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.