Italien konfisziert Flüchtlingsboot
Amnesty International: 500 Asylsuchende in zwei Camps in Ungarn festgehalten
Rom. Wieder ist in Italien ein Rettungsschiff für Flüchtlinge einer Hilfsorganisation beschlagnahmt worden. »Man wirft uns kriminelle Machenschaften sowie die Begünstigung illegaler Migration vor«, schrieb der Gründer der Hilfsorganisation Proactiva Open Arms, Oscar Camps, in der Nacht zum Montag auf Twitter. Der Beschlagnahmung war eine Konfrontation mit der libyschen Küstenwache vorausgegangen. Die Küstenwächter hätten die privaten Seenotretter mit Waffen bedroht, hatte die Hilfsorganisation berichtet. Weil sie gerettete Frauen und Kinder am Donnerstag 73 Seemeilen vor der libyschen Küste nicht den Libyern übergeben wollten, hätten diese mit Schüssen gedroht.
Dem Schiff mit mehr als 200 Menschen an Bord sei danach die Einfahrt in einen sicheren Hafen in Europa verweigert worden, und es habe mit Menschen in kritischem Zustand auf hoher See bleiben müssen, hatte Camps erklärt. Am Freitagabend hatte die italienische Küstenwache dem Schiff dann den Hafen in Pozzallo auf Sizilien zugewiesen. Dort wurde es nun beschlagnahmt. Spaniens Außenminister Alfonso Dastis sagte am Montag vor einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen: »Die Regierung kann nichts nachvollziehen, solange wir nicht geklärt haben, welche Ausmaße die Vorwürfe haben und was die Anschuldigungen rechtfertigt.«
Rund 500 Asylsuchende werden derweil nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in zwei ungarischen Lagern entlang der Grenze zu Serbien illegal festgehalten. Die Lager seien »beklagenswert minderwertig«, hielt die Organisation am Montag fest. Die Menschen hätten weder adäquate Unterkünfte noch würden sie medizinisch oder rechtlich richtig betreut. Der derzeit in Genf tagende UN-Menschenrechtsrat wollte sich diese Woche mit der Lage in Ungarn befassen. »Ungarn verletzt weiter und systematisch die Rechte der Flüchtlinge und Asylsuchenden«, berichtete Amnesty. Rund 20 000 Menschen seien ohne Asylanhörung nach Serbien abgeschoben worden. Ein Syrer sei wegen eines Terrorakts zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, weil er bei Unruhen an der Grenze Gegenstände Richtung Polizei geworfen habe, um mit anderen eine Öffnung zu erzwingen.
Amnesty kritisierte auch die Anti-NGO-Gesetze scharf, die die Arbeit von Organisationen, die Flüchtlinge unterstützen, massiv einschränken sollen. Darüber wird im ungarischen Parlament beraten. Es könne Organisationen wie Amnesty zwingen, Einsätze in Ungarn einzustellen. Das sei beispiellos in der EU, wo Zivilgesellschaften überall wichtige Dienste leisten, um Bürger- und Menschenrechte zu schützen, so Amnesty. dpa/nd
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