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  • Berlin
  • Neuer Bürgermeister von Neukölln

Ein Lehrer im Rathaus

Martin Hikel wird zum neuen Bürgermeister von Neukölln gewählt

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Saal ist brechend voll an diesem frühen Mittwochabend. Sowohl auf der Zuschauer*innentribühne als auch in der Presseecke drängeln sich Interessierte, um der 17. Sitzung der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beizuwohnen. Der Auslöser für das ungewöhnlich hohe Interesse ist trotz der vielen Menschen leicht auszumachen: Mit seinen 2,08 Metern überragt Martin Hikel (SPD) seine Bezirksverordneten-Kolleg*innen um ein Vielfaches.

An diesem Tag steht Hikel jedoch nicht wegen seiner körperlichen, sondern wegen seiner politischen Statur im Mittelpunkt: Der Fraktionsvorsitzende der SPD ist der einzige Kandidat für die Nachfolge der bisherigen Bürgermeisterin von Neukölln, Franziska Giffey (SPD). Nachdem diese eine Woche zuvor zur Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ernannt wurde, braucht das als Problembezirk verschriene Neukölln einen neuen Kopf.

Als der Vorsteher der BVV die Glocke läutet, wird es augenblicklich ruhig im Saal. Nach und nach werden die 49 anwesenden der 55 gewählten Bezirksverordneten namentlich aufgerufen und füllen in einer Wahlkabine im Nebenraum ihre Stimmzettel aus. Nach nicht einmal einer halben Stunde steht das Ergebnis fest: Mit 27 Ja-Stimmen, 17 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen wird Martin Hikel zum neuen Bürgermeister von Neukölln gewählt.

Dem gebürtigen Neuköllner scheinen die Standing Ovations seiner Parteifreund*innen fast unangenehm zu sein. Dabei hat er in seinen jungen Jahren schon Einiges erreicht: Mit 31 ist er der jüngste Bezirksbürgermeister Berlins. 2005 trat der damals 19-Jährige in die SPD ein, nur drei Jahre später wurde er Mitglied im Vorstand der SPD Rudow, ein Jahr darauf Vorsitzender der Neuköllner Jusos. Seit 2011 ist Hikel Mitglied der BVV, seitdem ging es steil bergauf.

Dabei macht der Politik- und Mathelehrer trotz seiner Statur einen eher zurückhaltenden Eindruck. Meist umspielt ein schüchternes Lächeln seine Lippen, bisweilen wirkt er sehr ernst, beispielsweise wenn er von seiner Verantwortung gegenüber den Bürger*innen oder von Bildungspolitik spricht.

»Ich bin sehr stolz, dass ich dem Bezirk, in dem ich nicht nur physisch, sondern auch politisch groß geworden bin, jetzt dreieinhalb Jahre dienen darf«, sagt Hikel in seiner Antrittsrede. Er wolle den »pragmatischen und problemorientierten« Kurs seiner Vorgängerin fortsetzen. Das bedeute für ihn, dass Bildungserfolg nicht von der sozialen Herkunft abhängig sein dürfe. »Deshalb müssen die besten Schulen in die härtesten Kieze.«

Hikel weiß, wovon er spricht, erst vor zwei Jahren hat er sein Referendariat an einer Berliner Schule beendet. Seitdem arbeitet er jedoch nicht etwa in Neukölln, sondern an der John-F.-Kennedy-Schule im bessersituierten Zehlendorf. Als Lehrer an einer Berliner Schule seien die Erwartungen an Hikel in Sachen Bildungspolitik und Schulbauoffensive groß, betont der Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Thomas Licher. Auch wenn sich seine Fraktion offiziell bei der Wahl enthielt, freue man sich auf eine gute Zusammenarbeit.

Nachdem die Formalien der Wahl, wie das Leisten des Amtseides und die feierliche Übergabe des Generalschlüssels des Rathauses erledigt sind, taucht noch »überraschend« Franziska Giffey auf und gratuliert ihrem Nachfolger persönlich zum neuen Amt.

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