Faßberger verteidigen Hakenkreuzglocke

Niedersachsen: Unterschriftensammlung gegen einen Beschluss der Landeskirche Hannover läuft

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.

Auch 73 Jahre nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus wollen örtliche Eliten und zahlreiche Einwohner der niedersächsischen Gemeinde Faßberg (Landkreis Celle) an einer umstrittenen Hakenkreuzglocke in der dortigen Michaelkirche festhalten. Die 6000-Einwohner-Kommune ist von einem Bundeswehr-Fliegerhorst und einer nahe gelegenen Rheinmetall-Rüstungsschmiede geprägt.

Die mit dem seit 1945 offiziell verbotenen Nazisymbol verzierte Glocke steht seit Mitte 2017 im Rampenlicht. Damals war bekannt geworden, dass bundesweit noch in rund zwei Dutzend Kirchtürmen Glocken mit Hakenkreuzen, Hitlerabbildungen oder anderen Inschriften aus der Nazizeit in Betrieb waren. Während etliche dieser Glocken inzwischen stillgelegt und entfernt wurden und Kirchengemeinden eine intensive Aufarbeitung der eigenen Geschichte bis 1945 ankündigten, wurde die Faßberger Hakenkreuzglocke nach einer durch Bauarbeiten erzwungenen längeren Pause bei einem Gottesdienst im November 2017 wieder feierlich in Betrieb genommen.

Lesen Sie auch: Hakenkreuz von »Nazi-Glocke« entfernt – Kirchenvorstand in Schweringen hatte die Glocke behalten wollen und Streit in der Gemeinde entfacht

Unter dem Eindruck von Medienberichten, Vorstößen einer örtlichen zehnköpfigen Initiative um den Diplom-Ingenieur Hans-Dietrich Springhorn und einer Intervention der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover beschloss der Kirchenvorstand der örtlichen St. Laurentius-Gemeinde im Februar 2018 den Verzicht auf die Hakenkreuzglocke, die Aufarbeitung der örtlichen Nazivergangenheit sollte beginnen. Die Landeskirche sagte eine Geldspritze für die Anschaffung einer neuen Glocke zu. Dieser Beschluss stieß jedoch bei örtlichen Eliten und Honoratioren auf Widerstand. Anfang März initiierten konservative Akteure ein Begehren, mit dem ein Bürgerentscheid für den fortgesetzten Einsatz der Naziglocke »in der jetzigen Form und Nutzung« erzwungen werden soll. Anwesend beim Gründungstreffen war auch der örtliche Pastor Rudolf Blümcke.

Zu den treibenden Kräften der Initiative gehört der frühere örtliche CDU-Vorsitzende und CDU-Ratsherr Peter Podschun, ein ehemaliger Bundeswehroffizier und Rheinmetall-Manager. Er verkörpert, wenn man so will, den Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes in der Faßberger Kommunalpolitik. Die Unterschriftsbögen liegen in fast allen Läden des Ortes aus. Laut Springhorn dürfte bislang bereits knapp die Hälfte aller Wahlberechtigten den Aufruf unterzeichnet haben.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -