Ist der Klimawandel gut für den Wein?

Wird es jetzt von Jahr zu Jahr heißer?

Es wird mit Sicherheit nicht jedes Jahr heißer sein, aber im Schnitt wird es offenkundig wärmer. Im Weinbau gibt es ja sehr weit zurückreichende Daten über die Oechslegrade, also den Zuckergehalt der geernteten Trauben, und der ist seit den 1990er Jahren überdurchschnittlich hoch. Das ist praktisch die längste Zeitspanne, die es im Weinbau je gegeben hat.

Zur Person
Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.
Christof Meueler fragte ihn nach dem Klimawandel.

Der Klimawandel ist für den Wein gut?

Teils, teils. Es gibt mehr Alkohol, aber die fruchtigen Noten bleiben eher auf der Strecke.

Viele freuen sich, dass das Klima hierzulande milder wird, auch wenn es mehr stürmt. Der Norden beutet den Süden aus und scheint auch noch den Klimawandel besser zu verkraften.

Das können wir aber nur so lange, wie wir in der Lage sind, die Ernteausfälle durch Importe zu decken, also auf Kosten der Umwelt anderer Länder. Und dann ist die Frage, wie lange wir noch unsere grandiose Exportwirtschaft aufrechterhalten können. Wenn sich das mit den Autos mit Verbrennungsmotoren erledigt, weil der größte Wachstumsmarkt China beschließt, so was kommt ihnen nicht mehr auf die Straße, dann könnte diese Bilanz schon mal schlechter aussehen.

An der Autoindustrie hängt angeblich jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland.

Aber bald nicht mehr. Ein Elektromotor ist viel einfacher herzustellen als ein Verbrennungsmotor. Ein reines Elektroauto braucht im Grunde genommen noch nicht mal unbedingt ein Getriebe. Das kennt man ja von der elektrischen Modelleisenbahn: Erhöhe ich die Spannung, dreht sich der Motor schneller und gut ist.

Was ist schlimmer für das Klima: Die Viehzucht, die viel Wald abholzt, oder das Auto?

Das nimmt sich nicht viel. In den reichen Ländern wird entschieden zu viel Fleisch gegessen. Das ist nicht unbedingt die beste aller Ideen, wenn man lange und gesund leben möchte. Andererseits ist es ebenso unzuträglich für Umwelt und Gesundheit, wenn die Leute noch nicht mal eine halbe Stunde am Tag zu Fuß gehen, weil sie bloß vom Bürostuhl auf den Autositz und vom Autositz in den Fernsehsessel fallen und dann vielleicht noch ins Bett.

Also vegan und Fahrrad?

Man braucht wahrscheinlich radikalere Lösungen. Abgesehen davon gibt es beim Veganismus noch ein klitzekleines Problem: Viele Menschen leben heute gezwungenermaßen vegan - in ärmeren Ländern. Unter Fortschritt stellen die sich andere Ernährungsgewohnheiten vor, das kann man ja in China schon sehr schön sehen.

Also bist du Pessimist?

Biologisch gesehen sind wir Allesfresser, Ernährungs-Opportunisten. Sonst hätten wir wahrscheinlich all die Jahrhunderttausende in allen Klimazonen nicht überlebt. Ein Koala mit seiner einseitigen Ernährung hätte da wahrscheinlich Schwierigkeiten.

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