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- Regierungswechsel in Griechenland
Rückkehr zu einer Normalität, die es nicht mehr geben wird
Wieso jetzt ausgerechnet die konservative Nea Dimokratia an der Regierung ist, die Griechenland in die Krise gesteuert hat
Ausgerechnet die Nea Dimokratia (ND)? Nicht nur Außenstehende, auch viele Griechen schütteln darüber den Kopf, dass die alte staatstragende Partei, die das Land durch Klientelismus, falsche Wirtschaftspolitik und jahrelang gefälschte Haushaltsdaten so richtig in die Krise geführt hatte, künftig komfortabel alleine regieren kann.
Die Antwort auf die Frage nach dem Warum hat viele Facetten: Gerade jüngere, gut ausgebildete Leute, die entweder keinen oder zumindest keinen halbwegs gut bezahlten Job finden, haben die vage Hoffnung, dass die ND etwas mehr Jobs, Investitionen und Wachstum bringt. Manche rechnen sich pragmatisch aus, dass Mitsotakis durch seine Kontakte zu den mächtigen Konservativen in Brüssel und Straßburg mehr herausholen kann als SYRIZA. Es gibt auch ältere Wähler, die sich die Rückkehr zur Normalität vor der Krise ersehnen, die es nicht mehr geben wird. Nicht zuletzt konnte ND im Rechtsaußenlager viele Stimmen zurückholen, dank der Beteiligung an den nationalistischen Demonstrationen in der Mazedonien-Frage und durch Anti-Asyl-Stimmungsmache.
Groß sind die Erwartungen an die ND freilich nicht. Kein Wunder angesichts der fatalistischen Stimmung im Lande. Wirtschaftspolitisch hat der Wahlsieger ohnehin fast nichts zu bieten. Das zeigt sich auch am Wahlergebnis: Rechnet man die Nichtwähler dazu, kam ND auf kaum mehr als 20 Prozent. Es ist völlig anders als beim SYRIZA-Wahlsieg 2015, als eine Aufbruchstimmung zu spüren war.
Auch ein Rechtsrutsch ist ausgeblieben. Künftig sitzen gleich vier Parteien links der Mitte im Parlament, die zusammengerechnet auf weit mehr Stimmen als die ND kamen. Unter diesen bleibt SYRIZA, obwohl man unter dem Druck der Gläubiger 2015 die eigenen Ziele zeitweilig bis zur Unkenntlichkeit aufgegeben und viele Wähler enttäuscht hat, die mit Abstand stärkste Kraft. Das ist vor allem ein Verdienst von Alexis Tsipras, der als Politiker noch immer als integer gilt - eine Seltenheit in Griechenland. Nach innen hat er es geschafft, aus einem heterogenen Bündnis von linken bis linksradikalen Kleinstorganisationen eine schlagkräftige Partei zu formen. Auch die nach der Niederlage gegen die Gläubiger im Streit um die Austeritätspolitik erwartete Spaltung konnte er vermeiden.
Dass die SYRIZA-Vorgänger über viele Jahre um die drei bis fünf Prozent lagen, sollten sich linke Kritiker im EU-Ausland vor Augen halten, die Tsipras »Verrat« vorwerfen. Damit macht man es sich viel zu einfach; nicht nur, wenn die Kritik aus wirtschaftlich starken und wohlhabenden Ländern kommt, die keine vergleichbare Krise kennen. Die Frage, ob SYRIZA mehr hätte herausholen können, muss man dennoch bejahen. Tsipras selbst räumt ein, dass seine Regierung anfangs »Naivität« an den Tag gelegt habe. Mit dem Oxi-Referendum und einem Konfrontationskurs verprellte man mögliche Bündnispartner - und stärkte die rechten Kräfte in der EU rund um Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die den Griechen nur die Wahl »friss oder stirb« lassen wollten. Das Tragische ist, dass SYRIZA den miesen Job bekam, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, in den ihn die ND gefahren hatte, und die Konservativen jetzt, als dies gelungen ist und es wirtschaftlich bergauf geht, die Zügel in die Hand bekommt.
Völlig unrecht haben auch die konservativen Stimmen aus der EU, die frohlocken, dass nun das Ende des Populismus in Griechenland gekommen ist. Das ist Demagogie und zeugt von Unkenntnis der griechischen Innenpolitik. SYRIZA stand in den vergangenen Jahren eher für zu viel Seriosität und eine womöglich zu unpopulistische Politik, während die ND in den letzten Monaten mit tumben nationalistischen Tönen zu punkten versuchte. Wie sonst ist es zu verstehen, dass der sonst eher technokratisch wirkende Mitsotakis nach dem Wahlsieg verkündete, er wolle sein Land wieder »stolz« machen.
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