Durch Zufall Journalistin
Online-Redakteurin Ulrike Kumpe schreibt am liebsten über solidarische Ökonomie
Die erste und bis auf Weiteres letzte Begegnung mit dem »neuen deutschland« hatte Ulrike Kumpe in der Grundschule. Weil sie ihre Hausaufgaben nicht finden konnte, kippte die Lehrerin den Schulranzen aus: heraus fiel das Zentralorgan der SED - darauf zu sehen: Erich Honecker und Walter Ulbricht mit allerlei lustigen Bärten und Zeichnungen verziert. Das gab ordentlich Ärger.
Es dauerte über zwanzig Jahre, bis es sie zum »nd« verschlug. Nach der Wende waren ihre Eltern, wie viele andere auch, arbeitslos geworden. Aus Rostock an der Ostsee zog die Familie zunächst nach Bremen. Danach folgte eine, wie Kumpe es nennt, niedersächsische Rundreise: Thedinghausen, Morsum, Göttingen und Hannover. Sie absolvierte eine Ausbildung zur landwirtschaftlich-technischen Assistentin, das Abitur holte sie später auf dem zweiten Bildungsweg nach. 2013 dann brachte der ehemalige nd-Redakteur Jörg Meyer das fast vergessene Blatt zurück in Kumpes Gedächtnis und schlug ihr vor, sich für ein Praktikum zu bewerben. »Ich hatte mein Geschichts- und Sozialwissenschaftsstudium abgeschlossen und bin beinahe an der Berufswahl verzweifelt«, erzählt sie. Mit Journalismus Geld zu verdienen, darüber hatte sie bis dahin nie nachgedacht.
Das Praktikum lief gut, und der nächste glückliche Zufall wartete bereits: Sie wurde hauptverantwortliche Redakteurin bei der »Contraste-Zeitung für Selbstorganisation« und legte damit eine kleine Steilkarriere hin. Da sich davon aber leider nicht allzu gut leben ließ, bewarb sie sich im Januar 2018, zwei Tage vor Bewerbungsende, auf eine Stelle beim »nd«. Seither ist sie zusammen mit ihrer Hündin Molly fester Bestandteil des Onlineressorts. Die schwarze Hündin hat sie vor vier Jahren vom Verein »Hunderettung« zu sich geholt. Und weil »Hunde nicht gerne allein sind und Sitter sehr teuer«, sitzt Molly nun häufig unter dem Schreibtisch der offenen und sympathischen Journalistin und erfreut andere hundeaffine Redakteur*innen.
Mit der zufälligen Berufswahl ist Ulrike Kumpe jedenfalls sehr zufrieden. »Mir gefällt es, so viel Kontakt mit Menschen zu haben.« Und das, obwohl sich ihre erste Geschichte beim »nd« beinahe zu einer Katastrophe auswuchs: Wochenlang hatte sie zu Problemen mit Berliner Willkommensklassen recherchiert, Menschen kontaktiert, nachgeforscht. Am Ende sprangen Leute ab oder zogen ihre Aussagen zurück. Der Text konnte nie veröffentlicht werden. Am liebsten schreibt sie ohnehin zu solidarischer Ökonomie oder Gewalt gegen Frauen. Hat sie einmal mehr Zeit, schreibt sie auch gern über ihre ehemalige Heimat Mecklenburg-Vorpommern.
Mit der Ostsee fühlt sie sich bis heute verbunden. »Von Mai bis Oktober bin ich nicht aus dem Wasser zu kriegen«, so Kumpe, die früher auch Plattdeutsch sprach und es heute immerhin noch verstehen kann. Und wenn sie nicht in der Redaktion am Franz-Mehring-Platz zu finden ist? Dann reist sie am liebsten mit ihrem Mann und Kollegen Roland Nolte und Hündin Molly im Wohnmobil durch Europa.
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