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Nächste Watschen für Spaniens Justiz
Rapper aus Mallorca kann nach Entscheid des Europäischen Gerichtshofs auf Nichtauslieferung hoffen
Am Dienstag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) erneut Spaniens Justiz vors Schienbein getreten. Im Fall der geforderten Auslieferung des Rap-Sängers »Valtònyc« aus Belgien hatte sich zuvor schon Generalanwalt Michal Bobek in seinem Gutachten hinter den Mallorquiner Josep Miquel Arenas gestellt, wie der Rapper mit bürgerlichem Namen heißt. Üblicherweise folgt das Gericht dessen Gutachten. Generalanwalt Bobek hatte die rückwirkende Anwendung von Gesetzen zum Nachteil des Angeschuldigten aufgezeigt, die Spanien im Fall von Valtònyc unternommen hatte, um seine Auslieferung zu erreichen.
Wie Generalanwalt Bobek stellte nun auch der EuGH fest, dass man sich in Auslieferungsanträgen nur auf die Strafe beziehen könne, »die nach dem für die abgeurteilten Taten geltenden Recht des Ausstellungsmitgliedstaats konkret verhängt wurde, und nicht auf die Strafe, die nach dem zum Zeitpunkt der Ausstellung des Haftbefehls geltenden Recht dieses Mitgliedstaats hätte verhängt werden können.« Valtónycs Verteidiger hatten der spanischen Justiz »Betrug« vorgeworfen, da Spanien den Europäischen Haftbefehl im Jahr 2018 mit einer Strafverschärfung aus dem Jahr 2015 begründet hatte. Entscheidend ist aber, wann die Straftat (2012) geschehen ist. Wegen des zu geringen Strafmaßes konnte Spanien keine automatische Auslieferung ohne Prüfung beantragen, ob die Vorgänge auch in Belgien strafbar sind. Denn auf die angebliche »Verherrlichung von Terrorismus« stand bis 2012 nur eine Höchststrafe von zwei Jahren, zu der Valtònyc auch verurteilt wurde. Doch die war zu gering für eine automatische Auslieferung.
Per Twitter verhöhnte der Rapper nun die spanische Justiz: »Weiß jemand, ob es einen billigen Kurs gibt, wie man die Formulare für Europäische Haftbefehle korrekt ausfüllt? Ich frage für einen Freund.« Belgien lehnte bisher ohnehin die Auslieferung des Rappers ab, der in Spanien zu insgesamt dreieinhalb Jahren Haft wegen Terrorismusverherrlichung, Beleidigung der Monarchie und Drohungen verurteilt wurde und sich der Inhaftierung durch Flucht entzog. Bei der erstinstanzlichen Prüfung stellte die belgische Justiz schon fest, dass die Vorwürfe in Belgien keine Straftat darstellen und seine Aussagen durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind. Die belgische Justiz muss nach dem EuGH-Urteil nun aber erneut prüfen, ob das »Kriterium der beiderseitigen Strafbarkeit« erfüllt ist. Für viele Menschen war auch das Urteil gegen den Rapper in Spanien absurd, denn die Organisationen, die er verherrlicht haben soll, gab es längst nicht mehr.
Spanien ist für sein repressives Vorgehen am EuGH längst bekannt. Erst kürzlich erhielten drei katalanische Europaparlaments-Abgeordnete ihre Sitze per EuGH-Urteil zugesprochen, die Spanien ihnen verwehrt hatte. Darunter war auch der ehemalige Regierungschef Carles Puigdemont. Obwohl auch der Chef der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) nach EuGH-Urteil Immunität bis zu einer etwaigen Aufhebung durch das EU-Parlament genießt, sitzt Oriol Junqueras nicht im Europaparlament, sondern wegen angeblichen Aufruhrs seit 2,5 Jahren im Gefängnis, da Spanien ihn nicht freilässt.
Zu den katalanischen Politikern, die wegen dem Unabhängigkeitsreferendum wegen angeblichen Aufruhrs zu bis zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde, wird ein definitives Urteil vermutlich auch erst am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fallen, nachdem der spanische Rechtsweg ausgeschöpft ist. Auch dort ist das Land bekannt dafür, dass Folter und Misshandlungen nicht untersucht werden oder dass fünf baskische Politiker für 6,5 Jahre auf Basis eines »unfairen« Verfahrens abgesessen haben, wie der EGMR vor gut einem Jahr festgestellt hat. Aber es gibt einen Lichtblick. Wegen europäischer Urteile ist zuletzt das Verfassungsgericht umgeschwenkt. Es hat das Urteil gegen den Sänger César Strawberry kassiert. Auch er war wegen angeblicher Terrorismusverherrlichung zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Dabei handelte es sich nun auch für das Verfassungsgericht um legitime »politische und soziale« Kritik.
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