Wer soll das bezahlen?

Zukunft auf Pump: Europaparlament berät über Umgang mit Corona-Pandemie

  • Peter Steiniger
  • Lesedauer: 3 Min.

Das wird richtig teuer - beim Brexit ging es da vergleichsweise um Peanuts. Für die Europäische Union steht viel auf dem Spiel, vielleicht sogar ihr politisches Schicksal: Der seit Wochen andauernde Lockdown zur Ausbremsung der Corona-Pandemie bedeutet für die Volkswirtschaften der EU-Staaten einen in Friedenszeiten beispiellosen Einbruch. Die Exekutiven haben Fakten geschaffen. Außergewöhnlich wie die Umstände müssen nun auch die Maßnahmen sein, um die Folgen in den Griff zu bekommen. Als läge Europa wie einst in Schutt und Asche, ist sogar von einem neuen »Marshall-Plan« die Rede.

Am Donnerstag schlug dazu in Brüssel nun auch die Stunde des 705 Köpfe zählenden Parlaments der Europäischen Union. Die Abgeordneten aus seit dem Fortgang Großbritanniens Ende Januar noch 27 Staaten diskutieren an zwei Tagen in einer Sondersitzung über koordinierte Schritte im Kampf gegen die Covid-19-Seuche sowie verschiedene Hilfsmaßnahmen. Auch die Lage der Migranten in Griechenland und die Unterstützung der Fischerei und Landwirtschaft standen auf der Agenda.

Im Plenarsaal sind die Fraktionen nur in symbolischer Stärke vertreten. Ganz im Stil der Zeit wirken die meisten Abgeordneten online an der Sitzung mit. An die Bürger sollte aus Brüssel die Botschaft ausgehen, dass die EU endlich am selben Strang zieht, statt Länder in Not hängenzulassen.

Nicht ganz frei von Pathos schwor die im Parlament anwesende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dessen Abgeordnete am Donnerstag auf das »wahre Europa« ein, welches gerade aufstehe und »füreinander da« sei. »Und die Wahrheit ist, dass Europa in der Welt nun zum stark pochenden Herz der Solidarität geworden ist«, sagte die Kommissionschefin.

Wie wenig selbstverständlich europäische Solidarität tatsächlich ist, machte von der Leyens an die Adresse von Italien gerichtete Entschuldigung für unterlassene Hilfeleistungen zu Beginn der Coronakrise deutlich. »Ganz Europa« soll dafür verantwortlich gewesen sein.

Kritische Resolutionen mit starken Forderungen nach einer gemeinsamen Antwort der EU auf die Krise, wie sie das Parlament nun beriet, sind das eine. Der Entwurf von Sozialdemokraten, Christdemokraten, Grünen und Liberalen enthält ausdrücklich auch die Forderung nach Gemeinschaftsanleihen. Einer Schuldenspirale für einzelne Staaten soll so vorgebeugt werden.

Doch um die Finanzierung und Struktur der Hilfsmaßnahmen herrscht weiter Streit. Dabei geht es um einiges unsentimentaler zu als in den Fensterreden der früheren deutschen Verteidigungsministerin. Zwar wurden die Geldhähne von den EU-Finanzministern in der vergangenen Woche weit aufgedreht. Ein Notprogramm von 750 Milliarden Euro bis unendlich soll mittels der Europäischen Zentralbank EZB unter Präsidentin Christine Lagarde wieder Schwung in den Laden bringen. Längst nicht gesagt ist, dass die Starken den Schwachen helfen, wenn einmal der Zahltag kommt, etwa Schulden gemeinsam tragen.

Abgeordnete der Fraktion Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke verwiesen in der Debatte auf Kürzungen und Privatisierungen im Gesundheitssektor als Ursachen des gegenwärtigen Desasters hin. Martin Schirdewan, Fraktionschef der deutschen Linksfraktion, findet die Antwort des Parlaments auf die Krise zu schwach: »Wir brauchen kein zögerliches Schulterklopfen, sondern echte europäische Solidarität in Form von Corona-Bonds.«

Im Anschluss an die Tagung trafen ebenfalls in Brüssel ein weiteres Mal die Wirtschafts- und Finanzminister der EU zusammen, um sich mit einer Lageeinschätzung der Europäischen Kommission zu beschäftigen.

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