IBB glaubt an stabile Immobilienpreise
Förderbank des Landes Berlin sieht wegen Wohnungsbedarfs trotz Coronakrise keine Einbrüche im Segment
»Wir glauben nicht, dass die Immobilienpreise in Berlin dramatisch sinken werden«, sagt Jürgen Allerkamp, Vorstandsvorsitzender der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB). Er widerspricht damit den Prognosen des immobilienwirtschaftlichen Beratungsinstituts Empirica. In dessen Bericht für den Immobilienmarkt im ersten Quartal 2020 heißt es: »Insgesamt rechnen wir in den kommenden Monaten mit einer Delle bei den Kaufpreisen, die bei minus zehn Prozent bis minus 25 Prozent liegen dürfte«, heißt es dort. Als Gründe benennt der Empirica-Vorstandsvorsitzende Reiner Braun unter anderem einen geringeren Zusatzbedarf an Wohnungen, weil der Zuzug in sogenannte Schwarmstädte wie Berlin vorerst praktisch zum Erliegen kommen dürfte, sowie Notverkäufe von Eigentümern, die in der Coronakrise dringend Kapital flüssig machen müssen.
Man sehe zwar eine Delle, erklärt Allerkamp, aber »so pessimistisch sind wir nicht«. Die IBB stelle nach wie vor eine »ganz extreme« Nachfrage fest. Derzeit fehlten rund 145 000 Wohnungen in der Hauptstadt. »Selbst wenn über Nacht der Bedarf von 40 000 Wohnungen wegfallen würde, was wir glauben, hätten wir immer noch eine Unterdeckung von 100 000«, so Allerkamp.
Solche Zahlen sind jedoch stets mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Die IBB geht davon aus, dass 2019 in Berlin rund 17 000 Wohnungen fertiggestellt worden sind, in Relation zum deutlich abgeschwächten Bevölkerungszuwachs - die Hauptstadt zählte Ende vorigen Jahres nur noch knapp 21 500 Bewohner mehr als zu Jahresanfang - hat sich das Wohnungsdefizit rechnerisch um rund 6000 Stück reduziert. Denn durchschnittlich leben knapp zwei Personen in jeder Wohneinheit.
Der Berliner Mieterverein machte jedoch erst kürzlich darauf aufmerksam, dass nach wie vor am Bedarf vorbeigebaut wird. »In Berlin fehlen mindestens 100 000 preiswerte Wohnungen, doch der Bau dieser Wohnungen kommt nicht voran«, erklärte dessen Geschäftsführer Reiner Wild.
IBB-Vorstand Allerkamp rechnet damit, dass es beim Neubau trotz zurückgehender Baugenehmigungen vorerst weitergehen wird wie gehabt. Immerhin hat sich in den letzten zehn Jahren ein Überhang von 70 000 genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen aufgebaut. »Im Neugeschäft der Wohnungsimmobilienfinanzierung verzeichnen wir allerdings einen ganz deutlichen Rückgang der Anfragen«, so Allerkamp. Es gebe Unsicherheiten, einerseits wegen des Mietendeckels, andererseits wegen Corona. »Es ist aber zu früh, in Panik zu verfallen«, erklärt er. Probleme könnten seiner Meinung nach bei Wohnungsbauprojekten mit extrem hohen Preisen und möglicherweise nicht so guten Lagen auftauchen. Allerkamp glaubt aber nicht, dass sich im mittleren Segment so gravierend etwas ändern wird. »Noch vor einigen Wochen haben wir mit einem großen nordeuropäischen Investoren gesprochen, der gerade jetzt investieren will«, berichtet Allerkamp. Dieser sehe gerade die Zurückhaltung von anderen wegen des Mietendeckels als Chance. Die Auftrags- und Umsatzzahlen im Baugewerbe deuten bisher auch keine Verunsicherung an. Im Januar und Februar dieses Jahres stiegen laut Statistischem Landesamt Berlin Brandenburg die Umsätze im Vorjahresvergleich jeweils um über ein Fünftel, die Auftragseingänge legten sogar um deutlich mehr als die Hälfte zu.
Um fast ein Drittel sanken 2019 die Finanzierungszusagen für Sanierungen von Wohngebäuden. »Wir hatten auch schon vor dem Mietendeckel die Entwicklung, dass diese Mittel für Modernisierung und Instandhaltung unter unseren Erwartungen abgeflossen sind«, berichtet Allerkamp. Wie viel Prozent des Rückgangs auf den Mietendeckel entfallen, sei für die IBB nicht ganz klar. Das Gesetz sei nur »ein weiteres Argument, nicht in die Modernisierung zu investieren«. Denn schon vorher hätten sich auch ohne solche Investitionen Mieter für die Wohnungen gefunden.
Die IBB ist beim Mietendeckel für die Bearbeitung mancher Anträge zuständig. Vermieter haben bisher 368 Modernisierungsanzeigen und 77 Härtefallanträge eingereicht. Dies und die Coronahilfen stellten die Förderbank vor erhebliche Herausforderungen, heißt es.
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