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Die Kosten der Krise
EU-Staaten können sich nicht auf Wiederaufbaufonds einigen und vertagen sich.
Die Corona-Pandemie stürzt Europas Wirtschaft in die tiefste Krise seit der Großen Depression in den 1930er Jahren. Dennoch können sich die EU-Staaten bislang nicht darauf einigen, wie ein der Krise entsprechender Wiederaufbaufonds finanziert werden soll. Am Donnerstagabend sprachen sich die EU-Regierungschefs zwar für einen solchen Fonds aus. Doch wie groß er sein soll, wo das Geld hinfließt und wo es herkommt, darüber wird weiter gestritten. Nun soll die EU-Kommission einen neuen Vorschlag liefern.
Die laufende Krise wird die einzelnen EU-Staaten unterschiedlich stark treffen. Für die deutsche Wirtschaft sagt der Internationale Währungsfonds für 2020 ein Minus von sieben Prozent voraus. In Spanien sollen es minus acht sein und in Italien sogar minus neun Prozent. Gleichzeitig sind die Staaten finanziell unterschiedlich ausgestattet. Während für Deutschland ein Anstieg der Staatsschulden bis Ende dieses Jahres auf 73 Prozent der Wirtschaftsleistung prognostiziert wird, steigen Spaniens Schulden voraussichtlich auf 120 Prozent und Italiens sogar auf 155 Prozent.
Um eine Neuauflage der Eurokrise zu verhindern, hat der EU-Gipfel am Donnerstag wie erwartet ein Hilfspaket über 540 Milliarden Euro abgenickt. Es beinhaltet vor allem Kreditlinien zur Abdeckung Corona bedingter Gesundheitskosten sowie Arbeitsmarkthilfen zur Abfederung der Krise. Keine Einigung wurde dagegen in der Frage erzielt, wie ein Wiederaufbaufonds für die Zeit nach der Krise finanziert werden soll. Die italienische Regierung hatte dafür die Auflage gemeinsamer Anleihen - so genannter Euro- oder Coronabonds - gefordert. Dies scheiterte jedoch am Widerstand vor allem Deutschlands und der Niederlande. Derartige Anleihen wird es also wohl nicht geben.
Umstritten ist auch die Frage, wie groß der Fonds sein soll - es kursieren Summen zwischen einer und 1,6 Billionen Euro. Zudem bleibt offen, ob seine Unterstützungen in Form von rückzahlbaren Krediten oder in Form von Transfers fließen soll. Die Regierungen Frankreichs und Spaniens plädieren für Transfers, da Kredite nur die Schulden der ohnehin hoch verschuldeten Länder steigern würden. »Wenn wir einen großen Teil Europas im Stich lassen, wird ganz Europa scheitern«, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die Regierungen der Niederlande und Österreichs hingegen lehnen Transfers strikt ab und bestehen auf Hilfen in Form von Krediten.
Angesichts der Uneinigkeit ist der EU-Gipfel zwar eigentlich gescheitert. Die Regierungschefs aber versuchten, diesen Eindruck zu vermeiden. »Wir waren uns nicht in jedem Punkt einig«, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), »aber wir sind uns einig, zusammenzuarbeiten.« Italiens Premier Giuseppe Conte sprach von einem »großen Fortschritt, der vor zwei Wochen noch undenkbar gewesen« sei. Der Europäische Rat hat nun die EU-Kommission damit beauftragt, in den nächsten zwei Wochen einen konkreten Vorschlag für einen Wiederaufbaufonds vorzulegen. Denn die Regierungschefs wissen, dass eine Lösung gefunden werden muss - an den Finanzmärkten stieg zuletzt wieder die Nervosität, die Zinsen für italienische Anleihen steigen.
Damit bleibt die Frage nach der Finanzierung des Fonds auf dem Tisch. »Eine Alternative zu Eurobonds könnte darin bestehen, dass die EU selbst Anleihen ausgibt und die Mittel an die Mitgliedsländer weiterleitet«, erklärt die Commerzbank. Damit sich die EU aber billig verschulden kann, braucht sie Sicherheiten für diese Kredite. »Es ist fraglich, ob die Mitgliedsländer zusätzlich so viele Garantien zur Verfügung stellen, wie für einen Wiederaufbaufonds notwendig wären«, so die Commerzbank.
Alternativ könnte die EU eigene Anleihen auch mit Rückgriff auf Mittel im EU-Haushalt absichern. Aber dafür müssten die EU-Beiträge der Mitgliedsländer deutlich steigen. Merkel hatte bereits angekündigt: »Wir werden mit höheren Beiträgen im nächsten Haushalt rechnen müssen.« Dagegen dürften einzelne EU-Länder allerdings Widerstand leisten.
Eine weitere Alternative wären Mittel aus dem Euro-Rettungsfonds ESM. Doch »damit der ESM eine wesentliche Rolle bei der Finanzierung eines Wiederaufbaufonds spielen könnte, müssten die Mitgliedsländer ihm deutlich mehr Kapital zur Verfügung stellen«, so die Commerzbank. Es sei zweifelhaft, ob es dafür in allen Ländern eine Mehrheit gäbe.
Damit bleibt es vorerst die Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB), eine Vertiefung der Krise zu verhindern. Mit ihrem Anleihekaufprogramm sorgt sie derzeit an den Finanzmärkten für niedrige Zinsen und damit dafür, dass sich die Euro-Staaten billig verschulden können. An den Finanzmärkten wird daher damit gerechnet, dass die EZB ihr laufendes Kaufprogramm von 750 Milliarden Euro auf 1,0 bis 1,5 Billionen Euro aufstocken wird.
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