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Schule für immer vorbei wegen Corona
Hilfswerk: Für zehn Millionen Kinder könnte es nach der Pandemie kein Zurück zum Unterricht geben
In der Bundesrepublik hat die Corona-Krise die Kluft zwischen Kindern aus wohlhabenderen bzw. gebildeten und ärmeren Haushalten vertieft. Bei letzteren haben sich die Rückstände vergrößert.
In Ländern des globalen Südens sind die Probleme noch weitaus gravierender. Dort könnte für Hunderttausende Mädchen und Jungen die Schullaufbahn vorzeitig beendet sein. Das international agierende Kinderhilfswerk Save The Children hat angesichts dessen vor einem beispiellosen weltweiten »Bildungsnotstand« als Folge der Corona-Pandemie gewarnt. Bis zum Jahresende könnten bis zu zehn Millionen Kinder für immer vom Unterricht ausgeschlossen sein, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht der Organisation unter dem Titel »Save Our Education« (»Rettet unsere Bildung«). Besonders betroffen seien Mädchen in ärmeren Ländern oder Konfliktregionen, die aufgrund der Schulschließungen und wirtschaftlichen Probleme in Kinderarbeit oder Frühehen gezwungen würden.
Viel Erreichtes sei nun wieder gefährdet, sagte Susanna Krüger, Vorstandsvorsitzende von Save the Children Deutschland, in Berlin. »Regierungen müssen dringend in Bildung investieren«, forderte Krüger. Stattdessen würden Bildungsetats gekürzt. Dadurch vergrößere sich die »Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Mädchen und Jungen«. Krüger konstatierte: »Die Kinder, die schon jetzt am stärksten benachteiligt sind, erleiden die größten Rückschläge, denn sie haben keinen Zugang zu Fernunterricht oder anderen Arten von Bildung.«
Save The Children fordert unter anderem Kreditgeber auf, den ärmsten Ländern einen Aufschub bei der Schuldentilgung zu gewähren. Regierungen müssten dafür sorgen, dass Kinder während der Schulschließungen Zugang zu digitalem Lernen und Schutzmöglichkeiten haben.
Vor der Pandemie gingen nach Angaben der Organisation 258 Millionen Kinder und Jugendliche nicht zur Schule. Durch die weltweiten Schulschließungen waren es demnach zwischenzeitlich 1,6 Milliarden, aktuell liegt die Zahl bei etwa einer Milliarde. Am größten ist das Risiko, nicht mehr zur Schule zurückkehren zu können, laut Bericht in zwölf Staaten, die überwiegend in West- und Zentralafrika liegen, darunter Niger, Mali, Tschad, Nigeria, Guinea, Nigeria und Senegal. Aber auch der Jemen und Afghanistan zählen zu den Ländern, in denen die Kinder am stärksten vom Abbruch ihrer Bildungslaufbahn bedroht sind.
Neben Bildungschancen verlieren die Kinder mit der Schule gerade in Krisenstaaten einen sicheren Aufenthaltsort, an dem sie mit Freunden spielen können, eine Mahlzeit bekommen und Zugang zu Gesundheitsdiensten haben. Zudem seien es oftmals Lehrerinnen und Lehrer, die als Erste bemerken, wenn ein Kind unter häuslicher Gewalt leidet. Dieses Frühwarnsystem falle weg, wenn die Schule nicht mehr besucht werde.
Die Pandemie verstärkt nach Einschätzung der Organisation den Teufelskreis aus Risiken wie Kinderarbeit, geschlechtsspezifischer Gewalt und Teenagerschwangerschaften. Diese Risiken erhöhten sich, je länger Kinder der Schule fernbleiben.
Hauptgrund für die Prognose: Durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wurden weltweit zusätzlich 90 bis 117 Millionen Mädchen und Jungen in die Armut getrieben. Deshalb müssten künftig noch deutlich mehr Kinder als bislang arbeiten gehen, um zum Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen.
Nach Schätzung von Save The Children werden deshalb zwischen sieben und 9,7 Millionen Kinder auf Dauer nicht mehr zur Schule gehen könnten. Die Organisation beruft sich auf Angaben der der UN-Kulturorganisation Unesco.
Erstmals in der Geschichte sei »die Bildung einer ganzen Generation von Kindern unterbrochen worden«, erklärte Save the Children. Das von der Pandemie erzeugte Bildungsproblem werde durch Kürzungen in öffentlichen Haushalten zusätzlich verschärft. In Staaten mit niedrigem und mittlerem Einnahmenniveau könne die Krise bis zum Ende des Jahres 2021 zu Ausfällen in den Bildungsetats von insgesamt 77 Milliarden Dollar (68 Milliarden Euro) führen. Schlimmstenfalls könne die Lücke auf 192 Milliarden Dollar (170 Milliarden Euro) steigen, wenn etwa Geld aus den Bildungsetats in den Kampf gegen die Corona-Krise umgeleitet werde.
Wenn nicht gegengesteuert werde, rücke das Ziel der Vereinten Nationen, »bis zum Jahr 2030 allen Kindern Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung zu gewähren«, in weite Ferne, mahnte Susanna Krüger. Save The Children fordert unter anderem die Weltbank auf, 35 Milliarden Dollar für Bildungsausgaben bereitzustellen.
Die Chancen stehen indes nicht besonders gut, wenn schon in reichen Staaten wie der Bundesrepublik durch die Krise bestehende Defizite im Bildungssystem noch stärker offenbar werden und hier völlig unzureichend gegengesteuert wird.
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