Zum Wohle der Gasindustrie

EU-Kommission stellt Methan-Strategie ohne Reduktionsziele vor

  • Sandra Kirchner
  • Lesedauer: 3 Min.

Eigentlich will die EU mit großen Schritten bei der Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes vorangehen, denn der Kontinent soll bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral sein. Doch wenn es konkret wird, bleibt der Staatenbund vage - so auch bei der Methan-Strategie, die die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel vorgestellt hat. Energiekommissar Kadri Simson zeigte bei der Vorstellung der Pläne lieber auf andere: »Wir müssen mit unseren internationalen Partnern zusammenarbeiten, um die Methan-Emissionen der Energie, die wir importieren, anzugehen.«

Konkrete Reduktionsziele oder gar Maßnahmen für das Klimagas sucht man in der Strategie vergeblich. Lediglich freiwillige Maßnahmen sind für die Landwirtschaft und den Energiesektor vorgesehen. »Dabei steht sogar in der Strategie: Für ein EU-Klimaziel von 55 oder 60 Prozent müssen Methanemissionen um mehr als 30 Prozent reduziert werden«, sagt die Grünen-Europapolitikerin Jutta Paulus.

Ohne bindende Maßnahmen für alle betroffenen Sektoren werde das aber nicht gelingen. »Die EU-Kommission schlägt vor, zunächst mehr Daten zum Methanausstoß zu sammeln. Dabei wissen wir mittlerweile aus Erfahrung ganz genau, dass Daten allein noch lange keine Emissionen senken«, meint Paulus.

Allerdings gab es auf den letzten Metern noch Verbesserungen am Entwurf der Kommission - wenn auch nur geringfügige. Gestrichen wurde ein Passus, wonach Gasnetzbetreiber, die ihre Methan-Emissionen zu verringern versuchen, gefördert werden sollen. Jetzt soll die Industrie Investitionen am Gasnetz von der Steuer absetzen können.

Die EU ist für fünf Prozent des weltweiten Methan-Ausstoßes verantwortlich. Das ist keine Kleinigkeit, denn das Gas ist weitaus klimaschädlicher als Kohlendioxid. Ein Teil der Emissionen entsteht bei Förderung, Verarbeitung und Transport von Erdgas. Doch Vorgaben zum sogenannten Methanschlupf macht die Kommission in ihrer Strategie nicht.

»Die Klimaziele der EU erfordern aufgrund der hohen damit verbundenen Treibhausgas-Emissionen eine Reduktion des heutigen Erdgasverbrauchs«, meint deshalb Hanna Brauer, Expertin für Energiewirtschaft an der Technischen Universität Berlin. Dennoch werde sogar über weitere Investitionen in Erdgas diskutiert und dabei die drohenden Folgen übersehen: »Weitere Erdgasinfrastruktur würde Investitionen in erneuerbare Energien verdrängen und entweder einen hohen CO2- und Methan-Ausstoß verursachen oder wie bei der Kohle einen weiteren - gegebenenfalls kostspieligen - Verhandlungsprozess über Entschädigungen anstoßen und somit die Erreichbarkeit der Klimaneutralität erschweren«, so Brauers gegenüber »nd«.

Zwar fördert die EU selbst vergleichsweise wenig Erdgas, sie ist aber ein großer Markt dafür: Etwa die Hälfte des gesamten international gehandelten Erdgases wird in Europa verbraucht. »Die EU bezieht ihr Gas aus Ländern wie Russland, den USA und Algerien, also aus Ländern mit beträchtlichen Methan-Emissionen«, meint Poppy Kalesi von der Umweltorganisation EDF. Das verschaffe ihr eigentlich die Möglichkeit, Einfluss auf den Ausstoß von Drittländern zu nehmen.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass diese Emissionen, die bei der Förderung, Verarbeitung und Transport von Erdgas in Drittländern entstehen, vier bis achtmal so groß sind wie die Emissionen der Gasindustrie in der EU. Und trotzdem versäumt es die Behörde, diese Methan-Quellen in ihrer Strategie miteinzubeziehen.

Auch der Landwirtschaft macht sie keine, dabei steigen in der EU die Methan-Emissionen dieses Sektors seit Jahren. Mehr als die Hälfte der europäischen Methan-Emissionen stammt aus der Landwirtschaft - vor allem aus der intensiven Tierhaltung. »Man vermeidet es, auch nur über die Reduktion von Tierbeständen zu sprechen«, sagt Grünen-Politikerin Paulus. So könnten auch Agrarsubventionen daran gekoppelt werden, dass eine bestimmte Methan-Menge pro landwirtschaftlicher Fläche nicht überschritten werde.

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