Marx mit Charme

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Ein geradezu gewaltiges Organ ist es, das sich durch den Chemnitzer Schillerpark schlängelt: Nur unweit des nicht weniger monumentalen Kopfes wurde nun der Darm von Karl Marx als Kunstobjekt drapiert - in 24-facher Vergrößerung. Damit orientiere man sich am Maßstab der von Einheimischen wie Besuchern liebevoll oder neckisch »Nischl« genannten Büste des Vollbartkommunisten. Die Künstlerinnen Anetta Mona Chişa und Lucia Tkáčová erklärten, ihre aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigte Skulptur sei dem Original nachempfunden. Der Darm als Symbol des Stoffwechsels solle nicht nur angeschaut, sondern auch als Sitz- und Liegefläche benutzt werden. Die Künstlerinnen, so war zu lesen, wollten sich mit ihrem Werk gegen patriarchale Darstellungsweisen von Helden im öffentlichen Raum wenden. Außerdem wollten sie darauf aufmerksam machen, dass nicht nur Schädel und Hirn, sondern auch Herz, Hände und eben Eingeweide Sitz des Bewusstseins seien. Deswegen habe man sich für »ein lebenswichtiges Organ des revolutionären Denkers« entschieden. Sollte die Kritik, frei nach Marx, also doch mehr Leidenschaft des Bauchs als des Kopfes sein? Marx freilich setzte Analyse und Kritik gegen das bloße Bauchgefühl - und beim Stoffwechsel interessierte ihn vor allem der gesellschaftliche. Doch irgendwie passt es auch, immerhin heißen die Bestseller unserer Tage »Darm mit Charme« und nicht »Das kommunistische Manifest«. Chemnitz als frühere Karl-Marx-Stadt wurde diese Woche als Europäische Kulturhauptstadt 2025 für Deutschland nominiert. Die Stadtkunstschau »Gegenwarten«, in der unter anderem Marx‘ Darm bestaunt werden konnte, war Teil der Bewerbung. jha

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