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Es geht nicht um das Impfen allein
Ulrike Henning glaubt nicht, dass nur schnelle Immunisierung Sicherheit geben kann
Am Mittwoch im Bundestag und auch in vielen Medien in den letzten Tagen herrschte große Aufregung: Wie kann es sein, dass andere Staaten schneller mit ihren Impfkampagnen sind als Deutschland? Wo von hier doch einer der ersten zugelassenen und wirksamen Impfstoffe der Welt kommt? Bei diesen Fragen geht indes einiges an Fakten unter, etwa die immer noch solidere Form der Zulassung innerhalb der EU oder dass der Biontec-Impfstoff eben auch eine Koproduktion mit dem US-Pharmagiganten Pfizer ist.
Wenn Politiker quer durch die Parteien sowie Medien der Bundesregierung vorwerfen, sie habe nicht früh genug und nur zu wenig Vakzine bestellt und gesichert, scheinen plötzlich auch die Appelle und Vorhaben vergessen, ebenfalls quer durch fast alle Parteien, ärmere Länder und Weltregionen auch die wissenschaftlichen Spitzenleistungen aus der Impfstoffforschung zugänglich zu machen. Das Geschrei um noch mehr Impfstoffe und eine schnellere, privilegierte Beschaffung ist schon deshalb unnötig, weil Deutschland für dieses Jahr mehr Impfstoffdosen erwartet, als für die Immunisierung der ganzen Bevölkerung nötig wäre.
Die Frage ist, wer das aktuelle Drama braucht. Stecken auch dahinter wirtschaftliche Interessen etwa nach höheren Erlösen bei beschleunigter Lieferung? Oder machen sich alle Beteiligten nur etwas vor, weil sie sich nicht an komplexere Probleme heranwagen, etwa einen solidarischen Umbau der Gesundheitsversorgung? Insofern kann der Impfkampagne auch nach anfänglichem Ruckeln nur ein guter und ruhiger Verlauf gewünscht werden, der auch den Freiraum für Debatten zu einem Umsteuern in der Gesundheitspolitik schafft - im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wie auch der Beschäftigten dort.
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