Blutdruck unter Kontrolle

Neben Bewegung und Stressabbau haben manche Lebensmittel Einfluss auf Gefäßspannung und Blutvolumen

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 6 Min.

Bei über 20 Millionen Deutschen ist Bluthochdruck diagnostiziert. Dieser gilt als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schädigt langfristig das Gehirn, die Augen oder die Nieren. Zudem wurde in den letzten Monaten bei Patienten mit ungenügend behandeltem Bluthochdruck auch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung beobachtet.

Bislang wurde ein Bluthochdruck, fachlich als Hypertonie bezeichnet, hauptsächlich bei älteren Menschen festgestellt. Aber auch junge Erwachsene zwischen 30 und 45 Jahren leiden immer häufiger unter erhöhten Werten, darauf weisen Experten der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und der Deutschen Hochdruckliga hin. Erste Frühwarnzeichen dafür können Kopfschmerzen, Schwindel oder schnelles Herzklopfen sein.

Ursachen für Bluthochdruck sind zu einem Großteil in unserer gegenwärtigen, westlichen Lebensweise zu suchen, die zumeist völlig konträr zu den Bedingungen steht, an die sich der Mensch im Laufe der Evolution angepasst hat. »Der menschliche bzw. tierische Organismus hat im Laufe von Jahrmillionen eher gelernt, mit einem Mangel an Salz, Zucker, Fett oder Wasser zurechtzukommen als mit einem ständigen Überschuss« erläutert Oliver Vonend, Nephrologe, Hypertensiologe und Vorstandsmitglied der Deutschen Hochdruckliga.

Schlechte Gewohnheiten wie Rauchen und Alkoholmissbrauch schädigen dabei zusätzlich die Blutgefäße, die sich langfristig verengen, was ebenfalls zu einem Bluthochdruck führt. Sich mit gesundheitsförderlichen Dingen zu belohnen, etwa mit einem Waldspaziergang, schöner Musik, einem Wannenbad oder etwas Bitterschokolade, stelle auf bessere Weise zufrieden.

Doch ist der individuelle Lebensstil nicht immer verantwortlich zu machen. Arbeitsbedingungen, die toxischen Stress mit sich bringen und bei denen der Einzelne das Gefühl hat, keinen Einfluss nehmen zu können, machen auf die Dauer krank. Auch Eltern, die in der Erziehungsarbeit mit schwierigen Kindern allein gelassen werden, fühlen sich unter Dauerstress. Nicht immer bleibt dann überhaupt Zeit für Sport und Entspannung, um sich gesund zu halten.

Jüngere Erwachsene mit erhöhtem Blutdruck, der sich auch durch einen roten Kopf oder Schlafstörungen bemerkbar machen kann, sollten frühzeitig organische Ursachen abklären lassen. Einige Nierenerkrankungen können Bluthochdruck auslösen, der dann zusätzlich die Nieren schwächt. Auch eine Schilddrüsenüberfunktion führt zu einer Hypertonie.

»Wenn jüngere Frauen um die 30 einen Bluthochdruck entwickeln, findet man bei 30 Prozent dieser Frauen eine einzelne Ursache dafür«, konstatiert der Nierenspezialist Oliver Vonend. Häufig spielt die Pille zur Verhütung ungewollter Schwangerschaften dabei eine unliebsame Rolle. Pillen, die einen Eisprung verhindern, die sogenannten Ovulationshemmer, können die Ausschüttung eines Hormons aus den Nebennieren überstimulieren. Dieses Hormon namens Aldosteron führt, wird es übermäßig ausgeschüttet, zu einem vermehrten Kaliumverlust über die Nieren und zu einer Erhöhung des Natriumspiegels im Blut. Die beiden Mineralstoffe Kalium und Natrium gelten bei der Regulation des Blutdrucks als Gegenspieler. Durch das Natrium wird außerdem zusätzliches Wasser im Körper festgehalten. Dadurch kommt es zu einem vergrößerten Blutvolumen, das sich bei zahlreichen Frauen in einer Gewichtszunahme zeigt. Weniger Salz in der Ernährung, stattdessen mehr kaliumreiche Gemüsesorten wie Sellerie, Möhren, Pastinake, Feldsalat oder Grünkohl können hier einen Ausgleich schaffen.

Bei einigen Pillenanwenderinnen kommt es zu einem deutlichen Anstieg des Blutdrucks, wodurch sich das Risiko für einen Schlaganfall oder für Schäden an Nervenverbindungen des Gehirns erhöht. In Deutschland nehmen rund sieben Millionen Frauen die Antibabypille. Wenn 7000 davon ernsthaft erkranken, ist das statistisch gesehen zwar relativ selten, aber dennoch eine nicht zu übersehende Zahl.

Als Ursache für einen plötzlichen Bluthochdruck sind zudem gutartige Tumore auszuschließen, welche vermehrt Aldosteron produzieren. Zum Glück treten bösartige Tumore, die das Blutdruck steigernde Hormon Renin produzieren, sehr selten auf.

Über Bluthochdruck bei zwei Drittel der Erwachsenen um die Vierzig entscheidet eher ein multifaktorielles Geschehen, bei dem auch eine erbliche Veranlagung eine Rolle spielt. »Wenn der Vater oder Großvater mit 60 oder 65 Jahren einen schweren Schlaganfall erlitten hat, sollte man gut auf seine Blutdruckwerte achten und sie regelmäßig kontrollieren«, resümiert Vonend. Bei Frauen beginnt eine Zeit stärkerer Blutdruckschwankungen oftmals mit den Wechseljahren. Dann kann es erforderlich werden, relativ schnell mit einer medikamentösen Therapie zu beginnen, um einer Herz- oder Nierenschwäche vorzubeugen.

In Punkto Ernährung bietet sich mehr als die Chance, Schädliches zu meiden. Bestimmte Nahrungsmittel können sogar wie ein leichtes, pflanzliches Medikament wirken. Allen voran Zwiebel, Knoblauch, Porree, Sellerie und Rote Bete in üblichen Portionen sowie Leinsaat, Walnüsse oder ein Teelöffel Leinöl, dem etwas Algenöl zugesetzt ist. Dem Verzehr mancher Gemüsearten sind Grenzen gesetzt: So können größere Mengen Selleriesaft oder mehr als 100 Gramm Petersilienwurzel die Nieren reizen.

Gelingt es einer stark übergewichtigen Person, fünf bis zehn Kilogramm abzunehmen, kann das die Entwicklung eines Bluthochdrucks erheblich bremsen. »Dabei entsteht ein Benefit für das Herz sowie den Fett- und Zuckerstoffwechsel«, betont Nephrologe Vonend. Mit gesunder Ernährung und regelmäßiger Bewegung für 30 bis 60 Minuten an vier Tagen pro Woche kann man bereits viel erreichen: »In der Summe eine Senkung des Blutdruckwertes um bis zu 15 mm Hg«, bestätigt der Hypertensiologe. Das Ziel liegt für den systolischen Wert unter 130 und für den diastolischen bei 70 bis 79. Wenn der Wert wesentlich darüber bleibt und Lebensstilmaßnahmen nicht ausreichen, muss mit Medikamenten behandelt werden. Hier müssen wir auch bedenken, dass die Menschen des 21. Jahrhunderts wesentlich älter werden als noch vor 150 Jahren. Bei sehr alten Menschen liegt der Zielwert bei 140 zu 80 mm Hg.

Für die Diagnose einer Hypertonie ist es möglich, den Blutdruck zu Hause regelmäßig zu messen. Für die Erfolgskontrolle aller Maßnahmen sowie der Behandlung mit Medikamenten kann das wertvoll sein. Nach einigen Wochen zeigt man das Protokoll mit den Messergebnissen seinem Arzt, der sich so ein genaues Bild machen kann. Anders als in der Insulintherapie bei Diabetikern, die ihre Tagesdosis entsprechend ihrer Blutzuckerwerte selbst anpassen können, wirken Blutdrucksenker erst allmählich über mehrere Wochen. Ein täglicher Richtungswechsel bei der Dosierung wäre hier falsch.

Im Winter, bei längeren Hochdruckwetterlagen mit Sonne und starkem Frost, beobachten manche ebenfalls erhöhte Blutdruckwerte. Das hat die Evolution durchaus sinnvoll so eingerichtet, damit Hände und Füße besser durchblutet werden und nicht so leicht erfrieren. Gerade im Winter empfiehlt es sich, fettreichen Kaltwasserfisch wie etwa Hering zu essen, dessen hochungesättigte Fettsäuren einerseits den Blutdruck etwas senken und andererseits das Blut dünnflüssiger halten. Für alle, die möglichst selbstbestimmt alt werden wollen, ist es sehr »wichtig, das Herz-Kreislauf-System mit Bewegung fit zu halten, und salzige Chips zu meiden«, bringt es der Mediziner Vonend auf den Punkt.

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