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Lohnausfall bei Spargel Ritter: Einigung nach Streik
Vor einem Jahr haben rumänische Erntearbeiter*innen in Bornheim für die Auszahlung ihres Lohns gekämpft. Für rund 100 gab es eine Einigung.
Bornheim liegt zwischen Köln und Bonn. Der Boden im Rheinland ist fruchtbar. Darauf ist man stolz in der Region. Seit 2014 ist der Spargel aus Bornheim bei der EU als regionale Spezialität eingetragen. Die Stadt selbst wirbt: »Spargel aus Bornheim ist: gut, gesund, delikat, einzigartig, einfach lecker.«
Doch so schön und romantisch, wie es Stadt und Bauern darstellen wollen, geht es im Geschäft mit dem Spargel nicht zu. Das wurde einer größeren Öffentlichkeit vor fast einem Jahr bekannt, als in Bornheim vorwiegend rumänische Erntearbeiter*innen in den Streik traten. Sie arbeiteten, oft schon im zweiten, dritten oder vierten Jahr, für Claus Ritter, einen der größten Spargelproduzenten in dem kleinen Ort. Harte Arbeit, bezahlt im Akkord. Wer viel Spargel und viele Erdbeeren pflückt, der bekommt viel Geld. Unannehmlichkeiten wie die gammeligen Container, in denen sie bei ihrem dreimonatigen Ernteeinsatz untergebracht waren, nahmen die Arbeiter*innen in Kauf. Mit bis zu 3000 Euro kehrten sie nach einer Saison nach Rumänien zurück. Das war für viele der Jahresverdienst.
Claus Ritter war für die Ernterarbeiter*innen im Bornheimer Streik nicht der Gegner. Ritters Betrieb war pleite. Es war der Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen, der die Arbeiter*innen nach wenigen Wochen in Deutschland nach Hause schicken wollte. Er hatte durchgerechnet, dass sich ein wochenlanger Ernteeinsatz nicht lohne. Claus Ritter und seine Familie sahen das anders. Sie redeten mit den Arbeiter*innen, versprachen ihnen eine bessere Zukunft, wenn der Betrieb wieder in ihrer Hand wäre, beschwerten sich darüber, dass der Insolvenzverwalter mit dem Abbruch der Ernte ihren Ruf zerstöre. Die Arbeiter*innen nahmen die Agitation der Ritters an. Mit Claus sei es besser, erzählten sie, riefen immer wieder den Namen des Spargelproduzenten.
Was zu diesem Zeitpunkt niemand auf dem Feld weiß: Die Insolvenz von Spargel Ritter hat nicht nur mit Pech zu tun. Wenige Wochen nach dem Streik decken der WDR und der »Bonner Generalanzeiger« auf, dass Ritter ein teures Hobby hat. Er sammelt Oldtimer. Insgesamt soll sein Erdbeer- und Spargelhof zwölf Millionen Euro Schulden angehäuft haben. Zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Claus Ritter werden eingeleitet. Zwischenzeitlich befinden sich Ritter und seine Frau für mehrere Monate in Zwangshaft, damit sie sich an dem Insolvenzverfahren beteiligen und notwendige Angaben machen. Die streikenden Erntearbeiter*innen wissen nichts von Ritters teurem Hobby, sie wissen nur, dass sie von ihm in den vergangenen Jahren bezahlt wurden. Mit Insolvenzverwalter Schulte-Beckhausen ist das komplizierter.
Die anarchosyndikalistische Gewerkschaft FAU sorgt für Anwälte und Übersetzer*innen. Auch das rumänische Konsulat schaltet sich ein. Aus Bornheim reisen die Erntearbeiter*innen wieder ab. Manche bekommen neue Jobs in der Region, andere fahren zurück nach Rumänien. Einige von ihnen klagen vor Gericht. Die ersten Gerichtstermine finden bereits im Sommer 2020 statt. Bis jetzt haben sich laut FAU rund 100 Saisonarbeiter*innen außergerichtlich mit dem Betrieb geeinigt. Über den Inhalt der Einigung wurde Stillschweigen vereinbart. Die FAU geht davon aus, dass mindestens 100 000 Euro geflossen sind - 1000 Euro pro Person. Diese Zahl stand vor einem Jahr im Raum. Das Fazit der Gewerkschaft: Der Streik habe gezeigt, dass es sich lohnt, für seine Rechte zu kämpfen. Es sei deutlich geworden, »dass Saisonarbeiter*innen nicht einfach wie rechtlose Leibeigene behandelt werden können«, so Emilia Steinhausen von der FAU. Drei Verfahren sind laut Arbeitsgericht Bonn noch anhängig. Sebastian Weiermann
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