Mehr Geld und doch zu wenig

Einkommen der Kranken- und Altenpfleger deutlich gestiegen

Zum Tag der Pflege wartete das Statistische Bundesamt mit einer frohen Botschaft auf: Die Bruttomonatsverdienste von Pflegenden in Kliniken und Altenpflegeheimen seien in den vergangenen zehn Jahren überdurchschnittlich gestiegen, hieß es am Dienstag aus Wiesbaden. Vollzeitbeschäftigte Fachkräfte in Krankenhäusern erhielten demnach 2020 brutto 32,9 Prozent mehr Geld als 2010, ebenso Fachkräfte in Altenheimen. In Pflegeheimen betrug der Zuwachs 38,6 Prozent. Damit seien die Arbeitseinkünfte in allen drei Gruppen deutlich stärker als in der Gesamtwirtschaft angestiegen. Der Zuwachs im produzierenden Gewerbe betrug in zehn Jahren nur 21,2 Prozent.

Krankenpfleger*innen in Vollzeit verdienten demnach 2020 im Durchschnitt 3578 Euro brutto monatlich, Fachkräfte in Pflegeheimen 3363 und in Altenheimen 3291 Euro. Die Unterschiede seien unter anderem darauf zurückzuführen, dass in der Krankenpflege häufiger Tariflöhne gezahlt werden. Über einen flächendeckenden Tarifvertrag in der Altenpflege wird derzeit debattiert. Alle drei Gruppen verdienten damit erstmals mehr als Beschäftigte mit vergleichbarer Qualifikation in der Gesamtwirtschaft, die durchschnittlich 3286 Euro erhielten.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Allerdings war die Lohnentwicklung 2020 stark durch coronabedingte Kurzarbeit geprägt. Dadurch sei das durchschnittliche Einkommen in der Gesamtwirtschaft erheblich abgesunken, sagte Susanne Ferschl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag.

Zudem arbeiten viele Pflegerinnen und Pfleger in Teilzeit und kommen damit auf deutlich geringere Einkünfte. Schicht- und Wochenenddienste sind weitere wichtige Gründe dafür, dass es für die Häuser schwierig ist, Stellen zu besetzen. Rund 60 Prozent der Krankenpfleger*innen und 57 Prozent der Altenpfleger*innen arbeiteten laut Statistischem Bundesamt 2019 im Schichtdienst. Insgesamt betrifft Schichtdienst nur jede siebte erwerbstätige Person in Deutschland. Regelmäßige Wochenenddienste hatten 74 Prozent der Kranken- und 79 Prozent der Altenpfleger*innen. Insgesamt muss nur jede*r dritte Erwerbstätige an Samstagen und Sonntagen arbeiten.

»Dieses System ist nicht richtig«. Die Krankenpflegerin Elisabeth Heyder über Gesundheit als Ware und die Herausforderungen der Pandemie

Unterdessen besagt eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA), dass die Zahl der Pflegekräfte von Oktober 2019 bis Oktober 2020 um 18 500 deutlich gestiegen ist. »Darunter sind Neueinsteiger und Rückkehrer sowie Pflegekräfte aus dem Ausland. Wir haben jeden eingesetzt, den wir bekommen konnten«, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. Der Anstieg ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Krankenkassen seit 2019 verpflichtet sind, zusätzliches Pflegepersonal ohne Abzug zu bezahlen. »So sollte der Trend in den Kliniken gebrochen werden, zulasten der Pflege zu sparen«, erklärte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, am Dienstag. »Die Krankenhausträger sind also erst dann bereit, in mehr Pflege zu investieren, wenn es nicht auf ihre Kosten geht«, konstatierte Brysch.

Der Personalmangel ist damit allerdings nur gelindert. Nach Schätzung der Gewerkschaften und der Linkspartei fehlten bereits vor der Pandemie allein in den Kliniken 100 000 Pflegefachkräfte, in der Altenpflege sind es demnach noch einmal so viele. Mit dpa

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.