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Zeitenwende in Chile

Rechte verliert bei Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung deutlich an Einfluss

Das Ende der Verfassung aus der Pinochet-Diktatur ist in Chile in Sichtweite gerückt. Bis spätestens Mitte 2022 wird eine Verfassunggebende Versammlung eine neue Konstitution ausgearbeitet haben, die dann per Plebiszit ihr Plazet erhalten soll. Nach den Wahlen vom 15. und 16. Mai ist klar, dass die Rechte und Ultrarechte in der neuen Verfassung zur Fußnote verkommen wird. Denn sie verfehlte ihr großes Ziel, eine Sperrminorität, deutlich. Damit hatte sie gehofft, das neoliberale Modell aus der Verfassung 1980 in seinen Grundzügen erhalten zu können.

Ausgangspunkt der Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung, auf die sich die Rechtsregierung von Sebastián Piñera widerstrebend einlassen musste, waren die massiven Proteste, die am 18. Oktober 2019 einsetzen. Der meist gerufene Slogan hieß damals: »Es geht nicht um 30 Pesos, es geht um 30 Jahre!« Also nicht um die Fahrpreiserhöhung des U-Bahn-Tickets von umgerechnet 1,02 auf 1,06 Euro - eben 30 Pesos - sondern um die Tatsache, dass eine Verfassung, die 1980 von der Pinochet-Diktatur (1973-1990) verankert wurde, auch 30 Jahre nach deren Ende immer noch in Kraft ist.

Damals explodierte die Frustration über 30 Jahre »Demokratur« - den Übergang von der Diktatur zu einer deformierten Demokratie mit extrem großer sozialer Ungleichheit. Strom, Wasser, Bildung, Gesundheits- und Rentensystem wurden unter General Augusto Pinochet privatisiert. Die sozialen Strukturen des demokratischen Sozialismus, aufgebaut unter Salvador Allende, wurden zerschlagen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Wie gering das Vertrauen in die etablierten politischen Strukturen ist, zeigt das Ergebnis der Wahlen zum Verfassungskonvent. Demnach werden parteilose Kandidat*innen etwa 40 Prozent der Sitze belegen. Auch die Liste der linken Oppositionsparteien legte zu. Bei den Wahlen am Samstag und Sonntag wurden in dem südamerikanischen Land auch Bürgermeister, Gemeinderäte und Gouverneure bestimmt. In der Hauptstadt Santiago de Chile erhielt die Kandidatin der Kommunistischen Partei, Iraci Hassler, die meisten Stimmen und wird Bürgermeisterin, da es in Chile keine Stichwahl auf kommunaler Ebene gibt.

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Die Bürger hätten der Regierung und allen traditionellen politischen Kräften eine deutliche Botschaft übermittelt, sagte Präsident Piñera in einer Ansprache am späten Sonntagabend (Ortszeit). »Wir sind nicht ausreichend auf die Forderungen und Wünsche der Bürger eingestellt und werden durch neue Ausdrucksformen und neue Führungen herausgefordert.«

Rund 1300 Kandidaten hatten sich um einen Sitz im Konvent beworben. Die Hälfte der 155 Delegierten sollen Frauen sein, zudem sind 17 Mandate den Vertretern der indigenen Gemeinschaften vorbehalten.

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