Rechte Gefahr weiter verharmlost

Jana Frielinghaus über den Verfassungsschutzbericht

Mindestens neun Todesopfer rechter Gewalt gab es im vergangenen Jahr, sie alle starben am 19. Februar 2020, als ein Neonazi mordend durch Hanau zog. Im Verfassungsschutzbericht schrumpft der Massenmord auf ein einziges rassistisch motiviertes »Tötungsdelikt«.

Zur Bilanz gehören auch 842 von Rechtsradikalen verübte Körperverletzungen, ein Anstieg um mehr als zehn Prozent. All das veranschaulicht die rechte Gefahr so eindrücklich wie die zahlreichen Waffen- und Munitionsfunde, gerade bei Sicherheitskräften. Dieser Tätergruppe ist bis heute kein eigenes Kapitel im Bericht gewidmet.

Demgegenüber wird die angeblich von »Linksextremisten« ausgehende Gefahr immer mit allen Mitteln hochgerechnet. Menschen wie die Antifaschistin Lina E. werden auf Verdacht zu mutmaßlichen Terroristen erklärt und inhaftiert. Und Medien, die über Klassengegensätze und von Klassen sprechen, werden allein deshalb als »linksextremistisch« beobachtet.

Das fand am Dienstag sogar Innenminister Seehofer lustig. Vielleicht wird selbst ihm eines Tages das Lachen vergehen, wenn Neofaschisten mit besten Verbindungen in Justiz, Polizei und Militär Umsturzpläne umsetzen, von denen die Öffentlichkeit bislang durch Recherchekollektive erfahren hat - und nicht durch den sogenannten Verfassungsschutz.

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