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- Neuer IPCC-Bericht
Diese Dekade ist entscheidend
Treibhausgasemissionen müssen laut dem Weltklimarat in den kommenden zehn Jahren um die Hälfte sinken, um das 1,5-Grad-Ziel langfristig zu erreichen
Am Montag wurde das erste Kapitel eines neuen Berichts des Weltklimarats IPCC veröffentlicht. Dieser besteht wie immer aus zwei Teilen: dem eigentlichen Bericht und der Zusammenfassung für Entscheidungsträger. Letztere wurde in den vergangenen beiden Wochen von Klimadiplomaten der Mitgliedstaaten ausgehandelt. Damit stellt der IPCC-Bericht den offiziellen Kenntnisstand der Regierungen der Welt zur Entwicklung der Klimakrise dar.
Für den Bericht haben über 200 Wissenschaftler aus der ganzen Welt insgesamt 14 000 Studien ausgewertet. »Wir haben jetzt ein viel klareres Bild des vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Klimas, was wichtig ist, um zu verstehen, wohin wir uns bewegen, was wir tun können und wie wir uns vorbereiten können«, sagte die Co-Vorsitzende Valérie Masson-Delmotte.
Angesichts der Erderwärmung gründeten zwei UN-Organisationen 1988 den Weltklimarat IPCC, der inzwischen knapp 200 Mitgliedsländer hat. Er soll aufzeigen, wie sich der Klimawandel auf Mensch und Natur auswirkt, wie er gebremst werden kann und welche Anpassungsstrategien es gibt. Das Gremium mit Sitz in Genf forscht nicht selbst.
Vielmehr werten für die jeweiligen IPCC-Berichte Hunderte eigens ausgewählte Experten Tausende Studien aus. Seit 1990 hat der Rat fünf umfassende Berichte veröffentlicht und einige zu Einzelthemen. Der sechste Report kommt derzeit in drei Teilen heraus. Der Bericht ist Handlungsgrundlage für Politiker etwa bei der Weltklimakonferenz im November in Glasgow.
Für seinen Kampf gegen den Klimawandel erhielt der IPCC 2007 den Friedensnobelpreis. IPCC steht für Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss zum Klimawandel). Ins Leben gerufen hatten ihn das UN-Umweltprogramm (UNEP) und die Weltwetterorganisation (WMO). Der IPCC ist so erfolgreich, dass nach seinem Vorbild 2012 der Weltrat für Biologische Vielfalt initiiert wurde. dpa/nd
Große Überraschungen enthält der Bericht nicht. Seit Jahren ist klar, dass es umso wärmer wird, je mehr Treibhausgase sich in der Atmosphäre ansammeln. Seit der vorindustriellen Zeit ist die Temperatur auf der Erde um 1,1 Grad gestiegen – mehr über Land und weniger über den Ozeanen. Und dieser Trend wird sich fortsetzen: Rund um das Jahr 2030 ist die Erde 1,5 Grad wärmer.
Wie es anschließend weitergeht, ist aber offen. »Es geht vor allem um Entscheidungen«, sagt Richard Black vom britischen Thinktank Energy and Climate Intelligence Unit. »Die Welt wird in einer emissionsarmen Zukunft ganz anders aussehen als in einer emissionsreichen. Es steht viel auf dem Spiel: Die Entscheidungen der kommenden Monate werden einen großen Einfluss haben.«
Wie entscheidend die nächsten Wochen, Monate und ein, zwei Jahre sein werden, zeigt ein Blick auf die verschiedenen Emissionsszenarien im IPCC-Bericht. Im einzigen Szenario, in dem die Erwärmung am Ende des Jahrhunderts unter 1,5 Grad liegt, fallen die globalen Nettoemissionen in den nächsten zehn Jahren um knapp die Hälfte und erreichen im Jahr 2050 null. Anschließend werden der Atmosphäre dann Jahr für Jahr rund zehn Milliarden Tonnen CO2 entzogen.
Im nächstbesten Szenario sinken die Emissionen langsamer. Daher akkumulieren sich mehr Treibhausgase, und das Klima erwärmt sich um 1,8 Grad bis zum Jahr 2100. Wenn die Emissionen hingegen bis 2050 in etwa auf heutigem Niveau bleiben und erst dann zurückgehen, ist es in 80 Jahren 2,7 Grad wärmer als in der vorindustriellen Zeit.
Mit jedem Zehntelgrad nimmt laut den Erkenntnissen der Klimaforschung die Zahl an Extremwetterereignissen zu: Extreme Temperaturen, wie sie in der vorindustriellen Zeit alle 50 Jahre aufgetreten sind, sind heute alle zehn Jahre zu beobachten. Bei einer Erwärmung um 1,5 Grad wird es alle sechs Jahre dazu kommen. Auch Starkregen und Dürren werden mit jedem Zehntelgrad häufiger. Die Höhe des Meeresspiegels ist ebenfalls letztlich eine Funktion der Erwärmung. Im besten Fall liegt dieser im Jahr 2100 rund 40 Zentimeter über dem heutigen Niveau.
Wenn die Emissionen allerdings nicht ab sofort schnell sinken, ist der Meeresspiegel dann 60 Zentimeter höher als heute. Hinzu kommt die Gefahr, einen Kipppunkt zu erreichen: »Abrupte Reaktionen und Kipppunkte des Klimasystems wie etwa stark erhöhtes Abschmelzen des antarktischen Eisschildes und das Absterben von Wäldern können nicht ausgeschlossen werden«, heißt es im IPCC-Bericht. Auch hier geht es um jedes Zehntelgrad: »Die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen mit sehr großen Auswirkungen steigt mit zunehmender Erderwärmung.«
Wirklich neu ist das alles nicht und kann es auch gar nicht sein, denn der IPCC trägt ja nur das bestehende Wissen zur Klimakrise zusammen. Angesichts der Fluten und Brände rund um die Welt in den vergangenen Wochen kommt der Bericht dennoch zur richtigen Zeit. In vielen Ländern haben die Menschen einen Vorgeschmack der Klimazukunft bekommen. Mit Blick auf die Entscheidungsträger geht es also um die Alternative: entweder mehr Naturkatastrophen oder sehr schnell weniger Emissionen.
»Der Bericht zeigt, dass dieses Jahrzehnt wirklich unsere letzte Chance ist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen«, sagt Helen Mountford von der Umweltorganisation WRI. Dabei komme es auf alle an: »Schauen Sie sich die führenden Politiker der Welt an, die heute im Amt sind: Unser gemeinsames Schicksal wird von ihren Entscheidungen abhängen. Dies ist ein Moment, in dem jeder Einzelne aufbegehren und mutige Klimamaßnahmen fordern muss, als ob unsere Zukunft davon abhinge. Denn das tut sie wirklich.«
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