• Berlin
  • Zukunft des Berliner Jahn-Sportparks

Totgesagte Stadien leben länger

Abriss, Neu- oder Umbau - in Berlin werden in einem öffentlichen Werkstattverfahren Varianten für die Umgestaltung des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark für den Inklsusionssport debattiert

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Das offene Tribünengebäude und die hochaufragenden Fächermasten der Lichtanlage machen den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg zu einem markanten Ort. In dem unfertig wirkenden, üppig begrünten Vorfeld des Stadionovals finden sich kleinteilige Sportanlagen und Freiflächen neben betonierten Parkplätzen. Seit Jahren steht mit dem Stadion eine Art Sport-Ikone auf der Kippe.

Innerstädtische Sportanlage auf der Kippe

Wie man den Jahn-Sportpark auf geeignete Weise zu einer öffentlichen Inklusionssportanlage entwickeln könnte, war am Mittwochabend Gegenstand einer öffentlichen Werkstatt, zu der Projektentwickler, Stadtplaner, Sportfunktionäre, vor allem aber Anwohner und Verbände eingeladen waren. Es war bereits die zweite Runde in diesem Beteiligungsprozess. Die Veranstaltung war gut besucht, viele der Akteure betraten offenkundig kein Neuland an diesem Abend. Man kannte einander, und wohl auch schon die Meinung des jeweiligen Gegenübers. Fest stand auch, dass der in der »Gesamtkonzeption für die Sanierung und Modernisierung des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks« der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vorgesehene Abriss des Stadions zunächst abgewendet ist.

Das städtebauliche Werkstattverfahren zur Modernisierung und Neuordnung des Jahn-Sportparks wurde Ende Juni gestartet. Nun präsentierten drei Planungsteams die Zwischenergebnisse ihrer Arbeit an den jeweiligen Projektvarianten, mit denen sie beauftragt worden waren. Die Regie des Partizipationsverfahrens liegt in den Händen der Verwaltungen von Innen- und eben auch Sportsenator Andreas Geisel (SPD) und Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) sowie des Bezirksamts Pankow. Als Planungsszenarien standen »Umbau und Erhalt des Stadions«, »Abriss des Stadions und Neubau an bestehender Stelle« sowie »Neubau eines Stadions an alternativer Stelle im Sportpark und Teilnutzung des bestehenden Stadions« zur Debatte.

Manfred Kühne, Abteilungsleiter in der Stadtentwicklungsverwaltung, lud dabei vor allem die Anwohner zur Mitwirkung ein. »Ich bin sicher, dass Sie uns mit Ihrer Kenntnis des Ortes und mit Perspektiven darauf intensiv begleiten werden«, sagte er. Tatsächlich kennen viele Ostberliner die Anlage, einst Hochburg des von Stasi-Chef Mielke gehätschelten Fußballvereins BFC Dynamo. Die Zukunft des Stadions ist ungewiss. Der zentral gelegene Sportpark ist auch Heimat und Trainingsstätte vieler örtlicher Vereine. Und von vielen Anwohnern wird er als Teil eines Erholungsraums für Familien mit Kinder verstanden.

Deutlich wurde, wie sehr der Sportkomplex gerade bei seinen Nachbarn in Prenzlauer Berg als bewahrenswertes Element in seinem historisch gewachsenen Umfeld betrachtet wird. Das betrifft den Mauerpark mit der Hinterlandmauer der DDR-Grenzanlagen oder die Einbindung in den Straßenraum von Eberswalder, Cantian- und Gaudystraße. Es geht um charakteristische Bauten wie das Stadion mit seiner Tribüne, den Sonnenhügel auf der Westseite, die Max-Schmeling-Halle oder auch Bäume und Rasenflächen.

Abrissszenarien stoßen auf Ablehnung

Abrissszenarien stießen jedenfalls auf wenig Gegenliebe. Mit dem Thema »Umbau und Erhalt« kam das Architekten- und Planungsteam mit dem umständlichen Namen weberbrunner berlin/ Herwarth+Holz/ Landschaft planen+bauen den Vorstellungen im Kiez offenbar näher. Carl Herwarth von Bittenfeld warb für seine Mitstreiter um einen achtsamen Umgang mit dem Bestehenden. Es gehe um klare Strukturen und räumliche Verdichtung der Sportangebote, mehr Begegnungsräume für Vereine, aber auch für die Öffentlichkeit. »In unserem Aufgabenverständnis gehen wir davon aus, den Jahn-Sportpark als ›Design for all‹-Anlage zu entwickeln, also wirklich für alle Bevölkerungsgruppen«, sagte er. Mit seinem Fokus auf Inklusionssport habe der Park großes Entwicklungspotenzial.

»Ich finde es gut, dass der Sportpark auch ein Sportpark für die Anwohner bleibt und dass sich die Planer Gedanken darüber machen, wie das stattfinden kann«, so Alexander Puell von den Freunden des Mauerparks. Er denke, dass die Neustrukturierung des Jahn-Sportparks am überfrachteten Raumprogramm scheitern werde: »Die Frage ist am Ende, ob man wirklich ein neues Stadion für 20 000 Besucher braucht.«

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -