- Kultur
- Annalena Baerbock
Die »Bild« ist beleidigt
Annalena Baerbock hat keine Zeit für die Boulevardzeitung
Kann man gegen »Bild« sein? Und sie einfach ignorieren? Jürgen Klinsmann konnte es nicht, Gerhard Schröder wollte es nicht und Christian Wulff dachte tragischerweise, ein amtierender Bundespräsident hätte mehr Macht. Er rief in der Zentrale an, um sich zu beschweren, da war es um ihn geschehen. Das war 2012/2013 ein groteskes Lehrstück und am Ende trat Wulff zurück.
Annalena Baerbock hat noch kein Staatsamt, von dem sie zurücktreten könnte, weil sie sich den Zorn von »Bild« zugezogen hat. »Bild am Sonntag« veröffentlichte nun eine fast leere Seite mit der Überschrift: »Das ist Ihre Seite, Frau Baerbock!« Denn die Kanzlerkandidatin der Grünen hat im Wahlkampf »Bild« bislang kein Interview gegeben. Mit einer Popstarbegründung: Keine Zeit für so was. Eine Sprecherin der Grünen teilte am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa mit: »Es gibt eine Vielzahl von Anfragen. Leider lassen sich aus Termingründen nicht alle bedienen.«
Ist das der nächste Fehler von Baerbock? Nein. Ist es Teil der Anti-Grünen-Kampagne der Konservativen? Ja. Aber es ist auch das erste politisch relevante Statement, das Baerbock im bisherigen Wischiwaschi-Wahlkampf der Grünen gesetzt hat. En passant, nicht unelegant. Wenn man jemanden nicht mag, dann entschuldigt man sich mit Terminproblemen.
Der Grünen-Slogan »Bereit, weil ihr es seid« scheint nach Baerbocks Verständnis nicht für »Bild« zu gelten. Früher verhielten sich Grünenpolitiker wie Joschka Fischer, Renate Künast oder Jürgen Trittin demütiger. Sie fühlten sich bestätigt, weil sie von »Bild« interviewt wurden. Damit bestätigten sie aber nur die Relevanz des Mediums. Man will darin vorkommen und schluckt den ganzen abstoßenden Wahnsinn, der dort alltäglich stattfindet. »Nein, es gibt nichts Gutes an der Bild-Zeitung«, wie Gerhard Henschel es in den Nullerjahren auf den Punkt gebracht hat.
Ohne »Bild« ist gegen »Bild«. »Bild« ist jetzt beleidigt. Das passiert selten.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.