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»Adiós, Muchachos!«

Sergio Ramírez war Weggefährte Daniel Ortegas in der sandinistischen Revolution und wird nun verfolgt

Für Nicaraguas autokratisch regierenden Präsidenten Daniel Ortega bleibt nicht mehr viel Luft nach oben. Nur wenn die ihm gefällige nicaraguanische Justiz einen Haftbefehl gegen ihn selbst verhängen würde, wäre das noch eine echte Steigerung. Denn Ortegas einstigen Vizepräsidenten, den renommierten Schriftsteller Sergio Ramírez, hat nun die juristische Verfolgung erwischt, wie zuvor schon mehr als 30 Oppositionspolitiker*innen.

Vollstreckt werden kann der Haftbefehl gegen den preisgekrönten Schriftsteller fürs Erste nicht, weil Ramírez sich ins Ausland abgesetzt hatte, nachdem er Anfang Juni von der Generalstaatsanwaltschaft als Zeuge zu seinen Verbindungen zur Stiftung Violeta Barrios de Chamorro befragt wurde. Inzwischen gilt er als Angeklagter, ihm – dem anerkannten Menschenrechtler – werden Anstachelung zu Hass und Gewalt zur Last gelegt, wie die Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt Managua mitteilte.

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Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Als es in den 70er Jahren einen Aufbruch Richtung sandinistischer Revolution gab, war Ramírez als Stipendiat des akademischen Austauschdienstes in Berlin. Dort verfolgte er am 27. Dezember 1974 in der »Tagesschau«, wie ein sandinistisches Kommando in einem Nobelviertel von Managua ein Haus überfiel und mehrere Minister des Diktators Somoza als Geiseln nahm. Er zögerte nicht, sofort nach Nicaragua zurückzukehren und sich »ganz dem Kampf anzuschließen«. In »Adiós, Muchachos!« (Auf Wiedersehen, Jungs!) schrieb er seine Erinnerungen an die sandinistische Revolution auf, seine Zeit im Guerillakampf – er selbst immer ohne Waffe, als Sprecher –, in der Regierung (Vizepräsident von 1984-90) und in der Opposition. Eine Abrechnung ist dieses Buch nicht, auch wenn es erst Jahre nach dem Bruch mit Daniel Ortega veröffentlicht wurde. 1994 setzte die Mehrheit um Ortega Ramírez’ Ausschluss aus der Nationalleitung der FSLN, später seine Ablösung als Fraktionschef durch.

Der 79-Jährige erhielt 2017 mit dem Cervantes-Preis die wichtigste literarische Auszeichnung der spanischsprachigen Welt. Seine mehr als 50 Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt. Und er schrieb immer wieder kritische Essays über Ortegas Politik wie »Das Virus ist zur ideologischen Angelegenheit geworden«. Jetzt ließ Ortega zurückschlagen.

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