Worten sollen Taten folgen

Journalistenverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz fordern Freilassung von Julian Assange

Der Fall des in USA nach dem Spionagegesetz angeklagten Wikileaks-Gründers Julian Assange, der seit mehr als zwei Jahren in britischer Auslieferungshaft sitzt, ist mit der Zulassung der Berufung vor dem Supreme Court in der entscheidenden Phase angelangt.

Journalisten- und Pressefreiheitsorganisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wollen die Entwicklung nicht tatenlos verfolgen, sondern ihren Einfluss bündeln, damit der Publizist Gerechtigkeit erfährt. In den USA droht dem Australier eine lange Gefängnisstrafe, weil er Kriegsverbrechen, Korruption und Menschenrechtsverletzungen des US-Militärs in Afghanistan und im Irak mit aufgedeckt hatte.

Am Montag hatten die Assange-Unterstützer zu einer Pressekonferenz in die Verdi-Bundeszentrale am Spreeufer in Berlin geladen. Neben der NGO Reporter ohne Grenzen, dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Gewerkschaft Verdi (dju) sind auch das Netzwerk Recherche, der Österreichische Journalist*innen Club sowie der Club Suisse de la Presse/Geneva Press Club mit im Bunde.

Zusammengebracht hatte die sechs Organisationen eine Initiative des zuletzt für den »Spiegel« tätigen Journalisten Okan Bellikli. Tenor ihrer Aktion ist es, dass die Verfolgung von Assange, der vor seiner Haft in Ecuadors Botschaft in London Asyl gefunden hatte und sich mittlerweile seit fast einem Jahrzehnt in Unfreiheit befindet, ein gefährlicher Präzedenzfall sei. Sein Fall zeige, was investigativen Journalisten und Whistleblowern weltweit droht, wenn sie die Verbrechen der Mächtigen aufdecken. Die neue Bundesregierung wollen die Presseaktivisten daran messen, wie ihre Minister Bekenntnisse zur Pressefreiheit und Forderungen zum Fall Assange - teils aus der Opposition heraus geäußert - nun mit Leben erfüllen.

Hoffnungen, die sich mit der Zulassung von Assanges Berufung vor dem Londoner Gericht verbinden, versetzte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen (RSF), einen Dämpfer: Im Fall einer Ablehnung durch den Supreme Court sei die britische Innenministerin Priti Patel am Zug. »Und das verheißt nichts Gutes«, so Mihr.

Aus eigener Erfahrung berichtete Mihr über Behinderungen der Öffentlichkeit während des Auslieferungsverfahrens. »Wir haben immer wieder erlebt, wie uns Steine in den Weg gelegt werden.« Er habe sich, so Mihr, »in jedem türkischen Willkürprozess als internationaler Prozessbeobachter willkommener gefühlt«. Großbritannien habe »bei diesem Verfahren eklatant rechtsstaatliche Grundsätze schon bei der Beobachtung verletzt« und dafür auch Corona vorgeschoben. Die einzige Chance, Assange in absehbarer Zeit freizubekommen, sieht der RSF-Vertreter darin, die USA zu einer Einstellung des Verfahrens zu bewegen.

An Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appellierte Mihr, sich bei seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden am kommenden Montag für Assange einzusetzen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gab er mit auf den Weg, die Praxis einer »wertebasierten Außenpolitik« auch gegenüber Verbündeten zu üben.

Klare Worte fand auch der DJV-Vorsitzende Frank Überall: »Journalismus ist kein Verbrechen.« Menschen, die solche aufdecken, verdienten keine Strafe, sondern Solidarität und Dank. Als Vertreterin von Verdi verwies dju-Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann darauf, dass Pressefreiheit weltweit einen immer schwereren Stand habe. Regierungen und Konzerne gingen auch mit juristischen Mitteln verstärkt gegen Journalisten vor. Eine Auslieferung und Verurteilung von Assange wäre eine »unmissverständliche Drohung an Medienschaffende« überall.

Für Österreichs Journalisten war Fred Turnheim per Video zugeschaltet. Ihr Klub hat Assange einen Solidaritätspreis verliehen und vor wenigen Tagen an Außenminister Alexander Schallenberg appelliert, Assange politisches Asyl zu gewähren. Auch aus Sicht des Schweizer Journalisten-Vertreters Pierre Ruetschi kann nur öffentlicher Druck Assange retten.

Einen leidenschaftlichen Appell sandte per Videobotschaft der Schriftsteller und Enthüllungsjournalist Günther Wallraff. Assange werde verleumdet und »einem Tod auf Raten ausgeliefert«, weil er US-Verbrechen aufdeckte. Wallraff schlug vor, dass NGOs Assange zusammen mit dem russischen Oppositionellen Alexej Nawalny für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen sollten.

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