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Bündnis misstraut Lauterbach
Bundesweit sind Bürgerinitiativen nicht der Meinung, dass weniger Kliniken die Versorgung verbessern
Es dürfte nicht allzu oft geschehen, dass einem Minister Unterschriften für eine Petition überreicht werden, die er selbst ebenfalls unterzeichnet hat. Am Dienstag ist das in Berlin passiert, auch wenn die Unterschriften letztendlich vom Staatssekretär im Gesundheitswesen, Edgar Franke, entgegengenommen wurden. Inhaltlich geht es den Unterzeichnenden darum, bundesweit Krankenhausschließungen zu stoppen. Insgesamt 15 760 Unterschriften wurden gesammelt; Ende Mai 2021 zeichnete auch der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach die Petition.
Das heißt aber nicht, dass Lauterbach den eigenen Sympathien für die Forderungen im Aufruf nun als Minister hat eindeutige und schnelle Taten folgen lassen - jedenfalls nicht solche, wie sie das Bündnis Klinikrettung erwartet. Eher im Gegenteil, jedenfalls hat das bundesweite Bündnis Anlass zu Misstrauen: »In seiner erst wenige Monate währenden Amtszeit als Gesundheitsminister sind schon mindestens zwei Krankenhausschließungen und drei Teilschließungen erfolgt«, so Sprecherin Laura Valentukeviciute.
Diese Schließungen sind vielleicht nicht unmittelbar Lauterbachs Intention als Minister, jedoch folgen sie der Logik der Umgestaltung der Krankenhauslandschaft in Deutschland, die schon seit Jahren läuft und vor allem kleinere Kliniken betrifft. Die Richtung, die auch viele Gesundheitsökonomen vertreten, läuft am Ende auf weniger, aber größere Krankenhäuser hinaus, in denen mit insgesamt weniger Personal höhere Qualität geboten werden kann.
Eine Einrichtung wie der erste Krankenhausstrukturfonds trägt dazu bei, dass es für »reine« Schließungen auch noch Geld gibt. Unter den 34 Häusern, die das betrifft, waren bzw. sind einige aber auch »Konzentrations- und Umwandlungsvorhaben« unterworfen. Ebenfalls im Rahmen des Fonds geregelt: An weiteren 24 Standorten wurden allein zwischen 2016 und 2018 36 Abteilungen geschlossen. Bei fast der Hälfte dieser Abteilungen handelte es sich um Gynäkologien und Geburtshilfen, wie ein Bericht aus dem vergangenen Jahr zeigt.
Die Zahl der von der Bürgerinitiative gesammelten Unterschriften erscheint auch angesichts der weitergehenden Schließungen nicht besonders hoch, gerade wenn berücksichtigt wird, dass hier schon seit Monaten gesammelt wird. Quasi mitgerechnet werden können aber auch jene 600 000 Unterschriften, die in den letzten fünf Jahren bundesweit sowohl gegen einzelne Klinikschließungen wie auch zu Themen wie der Abschaffung der Fallpauschalen im Allgemeinen zusammengetragen wurden.
Die lange Liste der Krankenhäuser, gegen deren Schließung bundesweit Bürger protestieren, betrifft in 23 von 28 Fällen Standorte bzw. Regionen in westlichen Bundesländern. Im Osten sind oder waren es Kliniken in Bitterfeld, Kloster Lehnin, Greiz und Schleiz sowie in Havelberg.
Aus der letztgenannten kleinen Hansestadt im Norden von Sachsen-Anhalt waren am Dienstag auch Vertreter der lokalen Initiative angereist. Ihr Krankenhaus ist seit 2020 geschlossen. Der nun längere Weg in die nächstgelegene Klinik hat bereits einen Herzinfarktpatienten noch im Rettungswagen das Leben gekostet, wurde vor der Übergabe der Unterschriften in Berlin erklärt.
Zugleich können sich die Bürger und Bürgerinnen aber nicht mit der hinter der Schließung liegenden Kapitallogik abfinden: »Da wird erst so viel wie möglich öffentliche Förderung abgefasst, um dann noch einmal zu kassieren, wenn aus dem Krankenhaus ein Seniorenheim wird«, kritisiert zum Beispiel Holger Schulz aus Havelberg.
So logisch es für manchen Ökonomen klingt - von einer stärker zentralisierten klinischen Versorgung sind viele Bürger noch nicht überzeugt. Auch wenn die Covid-19-Fälle mit den schwereren Verläufen in großen Kliniken versorgt wurden: Die Zeit kleiner Häuser scheint noch nicht vorbei. Staatssekretär Franke verwies auf die Gelder, die von der neuen Regierung für Notaufnahmen, Kinder- und Jugendmedizin sowie für die Geburtsmedizin zur Verfügung gestellt werden sollen, ebenso auf eine Expertenkommission zur Zukunft der stationären Versorgung. An deren Entscheidungen, so wurde vor dem Bundesgesundheitsministerium deutlich, wollen die Bürgerinitiativen unbedingt beteiligt werden.
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