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Lasst uns in Frieden (11): Als der Krieg noch kalt war
Wie Billy Wilder mit »Eins, Zwei, Drei« ein Antikriegsepos schuf, das in Vergessenheit geriet
Der Film, der den Kalten Krieg auf den Punkt brachte - nämlich dort, wo der Lachmuskel sitzt. Gut: Liselotte Pulver als quirlig-überdrehte Parodie auf alle quirlig-überdrehten Sekretärinnen. Besser: Horst Buchholz als glühender Jungkommunist (Ostberlin), der binnen 24 Stunden zum Jungkapitalisten (Westberlin) mutiert. Unübertroffen: James Cagney als US-amerikanischer Coca-Cola-Chef in Westberlin, der mit einer solchen Urgewalt durch den Film poltert, dass Choleriker vor Begeisterung Schnappatmung kriegen.
Damals, 16 Jahre nach Ende des »Dritten Reichs«, fanden es bundesrepublikanische Kinogänger gar nicht lustig, dass der Prototyp des tonangebenden US-Amerikaners seine unterwürfigen deutschen Angestellten mit einem zackigen »Sitzen machen!« zur Mehrarbeit ruft. Auch dass die selbstbewusste Gattin seine herrischen Anwandlungen mit einem süffisanten »Jawohl, mein Führer!« quittiert, war eine ironische Spitze, die die nur oberflächlich Entnazifizierten sehr wohl verstanden - und hinter der eine traurige Geschichte stand.
Der jüdische Regisseur Billy Wilder war in der späten Weimarer Republik als Drehbuchautor bekannt geworden und kurz nach der Machtübernahme der Nazis emigriert. Nun, 28 Jahre später, gerade erst gefeiert für »Manche mögen’s heiß« und Oscar-prämiert für »Das Apartment«, betrieb der gebürtige Österreicher Wilder mit »Eins, zwei, drei« seine ganz persönliche Vergangenheitsbewältigung.
Da entpuppt sich ein schneidiger Journalist als ehemaliger SS-Obersturmbannführer, und ein verarmter Adliger namens Graf Waldemar von und zu Droste-Schattenburg adoptiert mal eben einen wildfremden Jüngling - in Wilders Komödie sind die Westdeutschen fast durch die Bank duckmäuserisch, erpressbar oder käuflich.
Und die Ostdeutschen? Die kommen auch nicht besser weg. Da versuchen DDR-Volkspolizisten einem unter Schlafentzug Verhörten ein Geständnis rauszupressen, indem sie ihm in Dauerschleife »Itzi, bitzi, tini, wini, Honolulu, Strandbikini« vorspielen. Sympathisch sind auch sie nicht.
Doch es gab noch einen anderen Grund, aus dem selbst die US-Amerikaner über solche brüllend komischen Szenen nicht lachen mochten: Während der Dreharbeiten war die Berliner Mauer gebaut worden. Aus dem Kalten Krieg drohte nun ein heißer zu werden. Da stand keinem der Sinn nach Witzen über devote Altnazis und über schikanöse Kommunisten. Der Film floppte also.
Zu Unrecht. Als »Eins, zwei, drei« 1985 - Gorbatschow war mittlerweile an die Macht gekommen - wiederaufgeführt wurde, waren die Zuschauer begeistert. In Zeiten des politischen Tauwetters fiel es leicht, über die Verbohrtheit hüben wie drüben zu lachen. Zumal die Gagdichte von »Eins, zwei, drei« bis heute unerreicht ist. Billy Wilder hatte einen Weg gefunden, der Deutschen Herr zu werden: über ein Volk, das einen Weltkrieg entfacht hatte und kollektiv zum Mörder geworden war, musste man sich totlachen.
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