Hohelied auf korrekte Geschichtsdarstellung

Im Bundestag wurde über 30 Jahre Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur debattiert

Jubiläen müssen gebührend begangen werden. Am Donnerstag galt eine gut einstündige Debatte des Bundestages unter dem Titel »Erinnern für die Zukunft« der Würdigung der Arbeit zweier Enquete-Kommissionen zur »Aufarbeitung« und »Überwindung der Folgen der SED-Diktatur«. Die Einrichtung der ersten hatte das Parlament vor 30 Jahren einstimmig beschlossen. Als sich zwei Jahre später zeigte, dass die zunächst angesetzte Zeit für deren Tätigkeit nicht ausreichte, wurde 1994 die Schaffung einer weiteren Kommission beschlossen. Sie legte 1998 ihren Abschlussbericht vor und empfahl die Gründung der auf Dauer angelegten Bundesstiftung Aufarbeitung.

Zum Jahrestag lobte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) den Beschluss vom 12. März 1992 als besonderen Ausweis der Stärke der Demokratie im vereinten Deutschland. Die Idee zur Schaffung der Kommission kam von dem Sozialdemokraten Markus Meckel, und die SPD war damals Oppositionspartei. Wie die SPD-Abgeordneten Katrin Budde und Carsten Schneider zudem betonten, war die Einigung auf diesen Aufarbeitungsweg den Geboten der Verhältnismäßigkeit geschuldet. Zuvor hatte es Forderungen nach Einrichtung einer Wahrheitskommission gegeben. Wahrheitskommissionen hatten in Südafrika das Ziel, die Verbrechen des Apartheid-Regimes aufzuarbeiten, das Rassentrennung, extreme Ausbeutung der Schwarzen Bevölkerungsmehrheit, unzählige Morde und Folter politischer Gegner zu verantworten hatte.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Ministerin Roth erklärte, die Aufarbeitung der SED-Diktatur sei »eine Aufgabe für Generationen«. Sie lobte die Arbeit der Kommissionen unter anderem mit Blick auf den aktuell im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine zu besichtigenden »Unterschied zwischen demokratischen und autokratischen Staaten im Umgang mit ihrer Geschichte«. Die Demokratie hierzulande sei an der Auseinandersetzung mit dem »schmerzhaften Kapitel« DDR-Geschichte gewachsen, so Roth, die zugleich daran erinnerte, dass sich die alte Bundesrepublik lange einer Aufarbeitung der NS-Diktatur verweigert hatte.

Der Ostbeauftragte der Linksfraktion, Sören Pellmann, bekannte sich zu einer besonderen Verantwortung der Linken. In der Partei war 2007 die PDS aufgegangen, die ihre Wurzeln in der DDR-Staatspartei SED hatte. Die Linke sehe zwar »einige Aspekte der DDR-Geschichte« anders als die Mehrheit im Parlament. Das ändere aber nichts daran, dass man die Opfer der SED-Diktatur um Entschuldigung gebeten habe und feststelle: »Die DDR ist zurecht gescheitert.« Zudem trage die SED »die Hauptverantwortung« dafür und für das Unrecht, das vielen geschehen sei. Gleichzeitig betonte Pellmann, die »Legitimität des Versuchs«, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine neue, Gesellschaft aufzubauen, sei »unbestritten«. Auch sei die DDR-Gesellschaft »nicht im Ansatz« mit dem NS-Regime zu vergleichen.

Pellmann hob hervor, dass die PDS ihren Beitrag »zum Zusammenwachsen unseres Landes« geleistet habe. Heute werde viel von der Anerkennung der Lebensleistungen der Ostdeutschen gesprochen, doch daran, dass in Politik, Justiz, Verwaltung und Wirtschaft Ostdeutschlands bis heute fast keine Ostdeutschen vertreten sind, habe sich nichts geändert. Auch die Renten, die Hunderttausende in betrieblichen Versorgungssystemen der DDR erworben haben, würden bis heute nicht anerkannt, kritisierte Pellmann. Er forderte eine Enquete-Kommission für die Aufarbeitung der Verfehlungen von Treuhandanstalt und anderen staatlichen Institutionen bei der Einverleibung von DDR-Betrieben nach 1990.

Sepp Müller (CDU) und Götz Frömming (AfD) erklärten, aus den Erfahrungen mit dem »SED-Regime« könne nur eine Schlussfolgerung gezogen werden: »Nie wieder Sozialismus!« Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg monierte wie die AfD-Vertreter eine Verharmlosung der Aktivitäten von »Linksextremisten«, die sich »des Antifaschismus rühmen«. Zudem sieht Teuteberg eine Aufweichung des »antitotalitären Konsenses«, den 1994 der Philosoph Jürgen Habermas formuliert habe.

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