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Lasst uns in Frieden (25): Die wahren Kriegstreiber
Gegen James Bond hegten viele Vorbehalte, aber den pädagogisch Besorgten war es nicht lange ernst mit dem Frieden
Zu den wunderlichsten Erscheinungen der 80er Jahre gehört die westdeutsche Friedensbewegung. Schon als Teenager wusste ich: Menschen, die meine heiß geliebten Actionfilme Marke »Rambo« wegen Kriegsverherrlichung verbieten wollten, konnten meine Freunde nicht sein. Später dann, in der Zivildienst-WG, war der Zivi, der in Sachen Abrüstung am meisten auf mich einredete, derselbe, der uns bei den Telefoneinheiten am meisten betrog. Beides waren prägende Erfahrungen. Ich lernte die Friedensbewegung mehr zu fürchten als die Mittelstreckenraketen. Denn was war die abstrakte Bedrohung, die von einer Pershing II ausging, verglichen mit der realen Bedrohung durch Menschen, die einem Actionfilme und Telefoneinheiten wegnehmen wollten?
James Bond hätte dies ähnlich gesehen. In »Octopussy« geht die politische Gefahr nicht vom abtrünnigen russischen General aus, der in der BRD eine Rakete hochgehen lassen will, sondern von der Friedensbewegung, die in einem solchen Fall eine einseitige Abrüstung durchsetzen würde. Woraufhin die UdSSR sich das waffenlose Westeuropa einverleiben könnte.
Ein so simpel geschusterter Plot musste das Werk eines Serienschreibers sein. Und in der Tat sind Ian Flemings Romane, die bis »Octopussy« die Grundlage aller James-Bond-Filme waren, über einen Leisten gehauen. Markus Wolf, Ex-Spionagechef der DDR, hatte recht, als er in einem »Playboy«-Interview Flemings Bücher als »typische Produkte des Kalten Krieges« bezeichnete. Doch Wolf wusste auch, dass in den Bond-Filmen »der Kalte Krieg über die Bande gespielt« wurde. »Es gab immer private Bösewichte. Die Russen waren eher Nebenschurken.«
Wie in »Octopussy«. Und dennoch wurde dieser Teil zum umstrittensten der 007-Reihe. Der Zukunftsforscher Robert Jungk warf dem Film vor, »einen Beitrag zur inneren Aufrüstung zu leisten« - als wollten westdeutsche Teenies nach Verlassen des Kinos Jagd auf Sowjets machen. Jungks Rage ist dennoch nachvollziehbar. »Octopussy« fällt in die letzte Hochzeit des Kalten Krieges. Noch einmal beschwört die politische Geriatrie - hier Reagan, dort Breschnew und Andropow - den Wettstreit der Systeme. Und Bond, der immer nur ein Spiegelbild seiner Zeit ist, klinkt sich ein. Hier wird jedes Klischee offenherzig bedient. Paradebeispiel ist jene Szene, in der Bond gezwungen ist, die Verfolgung per Anhalter aufzunehmen, und das nette westdeutsche Ehepaar ihm während der Fahrt eine Wurst (»die ist hausgemacht«) und ein Bier anbietet. Klischeehaft lustig ist es auch, wenn Bonds Widersacher ihm in BMWs hinterherjagen, aber - typisch deutsch - die Autos nicht Blues-Brothers-mäßig zu Schrott fahren, sondern heil lassen; es ist ja Staatseigentum.
Am lustigsten ist »Octopussy« dann, wenn aus Humor Galgenhumor wird. Folgerichtig spielt der Showdown im Zirkus. Und der dumme August ist ein US-General, der nicht merkt, dass er auf einer Rakete sitzt. Gäbe es da nicht James Bond, der erst die Welt in Ordnung bringt und dann seinen Hormonhaushalt.
Natürlich wurde »Octopussy« in der Nachrüstungs-BRD ein Erfolg. Denn die »Bravo«-Leser, die die großen Kinosäle füllten, interessierte es nicht, ob der Film der Friedensbewegung gefiel oder nicht. Und mich interessiert es auch nicht. Denn die pädagogisch Besorgten, die damals Rambo, Bond und Co. nur allzu gern verboten hätten, sind genau jene gewendeten Pazifisten, die es nicht erwarten konnten, deutsche Truppen auf den Balkan und nach Afghanistan zu schicken - und die heute von einem militärisch starken Deutschland träumen. Spätestens dann dämmert einem, wer die wahren Kriegstreiber sind. James Bond ist es nicht.
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