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Mutterland, wo bist du?

Ein Familienstück über Flucht gestern, heute und morgen

Offene Fragen klären, von Tochter zu Tochter: Ella Mae und Bernadette La Hengst in »Mutterland«
Offene Fragen klären, von Tochter zu Tochter: Ella Mae und Bernadette La Hengst in »Mutterland«

Vaterland, Vaterstadt, Vaterunser – man kann’s nicht mehr hören. Strenge, Stolz und Gewalt sind die unguten Assoziationen der »Sehnsucht nach dem Vater«, von der Sigmund Freud schrieb. Die Musikerin und Theatermacherin Bernadette La Hengst, im deutschen Indiepop die einzige Soulsängerin, sucht das »Mutterland«, das sie derzeit in Berlin aufführt. Es ist ihre Spurensuche nach ihrer Mutter Gitti, die an Krebs starb, als ihre Tochter gerade in die Pubertät kam. Es ist auch eine Fluchtgeschichte, die die Vertriebenen nach dem Krieg mit den heutigen Flüchtlingen kurzschaltet.

Ende 1944 floh Gitti mit ihrer Familie aus einem Dorf in Schlesien in ein Dorf in Brandenburg. Dann zogen sie nach Frankfurt/Oder und flohen schließlich 1953 »aus politischen Gründen« (der Vater war in der NSDAP gewesen und wollte nicht in die SED) nach Münster, wo sie heiratete und in Bad Salzuflen bei Bielefeld landete. Ein Ort, aus dem dann ihre Tochter in den 80er Jahren fliehen musste, weil er »viel zu eng« war.

»Das Leben ist ein Provisorium« singt Bernadette La Hengst am Anfang und am Ende dieser bewusstseinserweiternden Collage aus Fotos, Videos und Songs. Ein wirkliches Familienstück, bei dem die Männer nur am Rande vorkommen; es wird gestaltet von Tochter zu Tochter. Als ein performativer Dialog über offene moralische, politische und familiäre Fragen zwischen Bernadette und Ella Mae Hengst, ihrer 16-jährigen Tochter. Die immer wieder die Stirn runzelt: »Woher soll ich das wissen? Das hättest du schon deine Mutter fragen müssen.« Interessanterweise spielt Ella Mae dann Gitti, wenn sie aus ihren alten Aufsätzen und Briefen vorträgt.

»Mutterland« zeigt, dass Flucht und Migration, egal von wem und warum, immer extreme Herausforderungen sind – für die Flüchtlinge. In Schlesien gab es vor Ostern das Ritual, den Tod auszutragen – als Puppe. Man schmiss sie in einen Graben und lief weg, damit er einen nicht einholt, steht in einem Schulaufsatz von Gitti. »Wohin wir auch fliehen, wir kommen niemals an, nur da, wo wir lieben, ist neues Land«, singt Bernadette, und Ella Mae schlägt einen neuen Begriff vor: Mutterstadt. Denn Länder sind zu abstrakt.

Nächste Vorstellung: an diesem Samstag um 20.15 Uhr, Freilichtbühne Berlin-Weißensee

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