- Berlin
- Landwirtschaft
Alte Apfelsorten und neuer Schwung
Grüne wollen die verbliebenen Reste des einheimischen Obstanbaus stützen
Der wirtschaftliche Absturz der 1990er Jahre kostete 90 Prozent der Apfelbäume das Leben. Nun steckt der brandenburgische Obstbau wieder in Schwierigkeiten. Er habe es »zunehmend schwer«, hält ein Antrag fest, den die Grünen in den Landtag eingebracht haben. Der Klimawandel führe zu Ernteausfällen, es mangele an Fachkräften und Nachwuchs.
Agrarminister Axel Vogel (Grüne) verkündete vor einigen Tagen, dass immerhin wieder zwei Personen den Beruf des Obstbauern erlernen. Jahrelang habe es in diesem Fach überhaupt keine Ausbildung gegeben. Laut Antrag ist auch »die Unternehmensnachfolge in Frage gestellt«. Der Abgeordneten Isabell Hiekel zufolge wäre es schon ein Erfolg, die letzten noch bestehenden Obstbaubetrieben zu erhalten.
Weil es aber einen großen Bedarf an regional erzeugtem Obst gebe und die Metropolenregion Berlin-Brandenburg einen bedeutenden Absatzmarkt bilde – auch für Obst in Bioqualität –, bestünden durchaus wieder Chancen, als Obstbauer wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Für die Versorgung der Berliner mit Äpfeln wurde in der DDR das Bezirksjugendobjekt »Havelobst« aus der Taufe gehoben. Es bestand bis 1989. Danach wurden die meisten Obstplantagen gerodet in der Hoffnung, mit Bauland Geld zu machen. Sinnbild der heutigen Lage ist, dass das traditionelle Baumblütenfest von Werder/Havel, das größte Volksfest in Ostdeutschland, seit einigen Jahren nicht mehr stattfindet.
Nach Angaben der Abgeordneten Hiekel soll der Vorstoß der Grünen dazu dienen, dass nicht auch noch die letzten Obstbaubetriebe aufgeben. Mit dem Werderaner Raum und dem zu Frankfurt (Oder) gehörenden Markendorf gebe es zwei große Obstanbaugebiete im Bundesland, die als wichtige regionale Wirtschaftsfaktoren und Tourismusmagnete anzusehen seien. »Die fast 100jährige Obstbauversuchsstation in Mücheberg ist bekannt für ihre Sammlung von über 1400 heimischen und alten Obstsorten.«
Vor diesem Hintergrund habe der Koalitionsvertrag der Grünen mit SPD und CDU den Erhalt des Obst- und Gartenbaus fest verankert. Um die Branche zu stärken und wettbewerbsfähig zu halten, würden verschiedene Forschungs- und Praxisprojekte und Maßnahmen zur Nachwuchssicherung durch das Land kofinanziert.
Im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel soll die Landesregierung die Gartenbaukonzeption regelmäßig aktualisieren und weiterentwickeln, wünschen sich die Grünen. Dabei stehen die Förderung der Sortenvielfalt, der Insektenschutz und der reduzierte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Vordergrund. Die Forschung auf diesem Gebiet soll die Anpassung an Trockenheit und Wassermangel, die Züchtung klimaangepasster und robuster Sorten sowie die Bienenfreundlichkeit im Blick haben. Risiken sollen reduziert werden durch Wasserspeicherbecken sowie Hagel- und Frostschutz. Im Antrag angeregt wird eine institutionelle Förderung der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Arboristik. Zu prüfen sei, inwieweit der Streuobstanbau und die Pflege von Streuobstbeständen aufgrund ihrer ökologischen Bedeutung besser gefördert werden könnten. Kommunen, die für die Pflege und den Erhalt von Obstbäumen im öffentlichen Raum und im Alleenbestand zuständig sind, sollen durch Handlungsempfehlungen unterstützt werden. Nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten Sahra Damus sollten außerdem bestehende Schulgärten bewahrt und neue angelegt werden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.