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Übergewicht durch Zucker?

Dr. Schmidt erklärt, warum wir Menschen gerne süß essen und was das mit unserem Körper macht

Ein Kollege hatte kürzlich furchtbar schlechte Laune. Es stellte sich heraus: Er isst zurzeit keinen Zucker. Hat Zucker Auswirkungen aufs Gemüt?

Die Studienlage dazu ist nicht eindeutig. Ich denke, die schlechte Laune des Kollegen lag daran, dass er schon ewig an den Konsum von Zucker gewöhnt ist. Das plötzliche Weglassen war das eigentliche Problem.

Das hätte zum Beispiel auch bei Kakao passieren können?

Richtig. Oder, wenn er plötzlich keine Butter mehr aufs Brot schmiert.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. 

Wohl wahr. Aber gegen die Vermutung, die schlechte Laune könnte eine Entzugserscheinung sein, spricht eine Beobachtung: Freunde von uns hatten die Fastenzeit als Anlass zum Zuckerfasten genommen. Die waren aber genauso gut oder schlecht gelaunt wie sonst auch.

Wenn Zucker sich auf das Gemüt auswirken kann, ist der dann wie Alkohol und Cannabis eine Droge?

Da hätte ich Zweifel. Cannabis hat eine bewusstseinsverändernde Wirkung, weil etliche Inhaltsstoffe in den Botenstoffstoffwechsel des Gehirns eingreifen. Alkohol ebenfalls. Doch selbst für ein mögliches Suchtpotenzial von Zucker beim Menschen habe ich nur einen Hinweis gefunden: Eine australische Studie von 2016 hat gezeigt, dass Mittel, die man zur Behandlung von Nikotinabhängigkeit verwendet, auch zu einem verminderten Zuckerkonsum derjenigen führt, die das Mittel ebenfalls eingenommen haben.

Welche Folgen kann Zucker haben?

Von viel kommt viel, das ist sicher. Das Problem ist, dass wir gemessen an dem, was die meisten Leute heutzutage an Energie verbrauchen, zu viel von allem essen. Viele Menschen arbeiten im Büro; ihnen fehlt die Bewegung. Wenn sie dann mehr als die empfohlenen 2000 Kilokalorien zu sich nehmen, werden sie dicker.

Wir haben also ein Zuviel von allem. Aber was macht das Zuviel von Zucker mit uns?

Außer Karies? Vor allem im Zusammenhang mit Fett und anderen Kohlehydraten befördert Zucker Übergewicht mit all seinen Problemen. Wenn alleine eine normale Cola fast die in Deutschland empfohlene Tageshöchstmenge erreicht, geht das schnell.

Warum essen wir eigentlich etwas, das uns krank und dick machen kann?

Wir sind auf süß konditioniert von der Evolution. Nur reife Früchte sind süß. Aber Zucker ist bis zum 18. Jahrhundert ein reines Luxusprodukt gewesen. Zuvor hatten die meisten nur Pflanzensäfte und Honig. Mit der Kolonisierung Amerikas hat sich das geändert. Die Geschichte der Sklaverei in den beiden Amerikas ist nicht nur eng verbunden mit der Baumwolle, sondern auch mit dem Zuckeranbau. Dann kam in Europa noch die Idee mit dem Rübenzucker dazu, der Napoleons Kontinentalsperre den Durchbruch sicherte. Da wurde Zucker zum Massenprodukt – und damit begann der Ärger.

In Lateinamerika wird bekanntlich Zuckerrohr angebaut. Ist der Rohrzucker gesünder?

Mit Sicherheit nicht. Unraffiniert – also braun – schmeckt er nur anders.

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