Das Prinzip Quatschguerilla

In London mutieren die Klimaschützer zu Bilderstürmern: Vincent van Gogh musste dran glauben

Die Rote-Soße-Fraktion formiert sich. Das ist keine gute Nachricht. Zwei Aktivistinnen der Gruppe »Just Stop Oil« haben zugeschlagen. Ort des Angriffs war London. In der Bankenmetropole schlagen Klimaretter aber nicht etwa in Banken zu, sondern in der National Gallery. Warum?

Es liegt an einem Überschuss an Geltungssucht. Und was tut man dort? Vincent van Goghs Gemälde »Sonnenblumen« beschmutzen. Dazu schüttet man Tomatensoße aus der Dose auf das Bildnis und klebt sich selbst an der Wand fest und schreit wie blöd umher. Lebensmittelverschwendung ist zwar auch zu einem Verbrechen deklariert worden. Aber so viel Konsequenz soll es dann doch nicht sein.

Was mehr wert sei, die Kunst oder das Leben, fragen die Banausen mit Zerstörungswut. Gut gefragt. Aber leider am Thema vorbei. Mit und ohne Kunst kann man den Planeten retten. (Will man auf sie verzichten, fragt sich nur, ob sich die Rettungsaktion lohnt.) Eine klügere Frage wäre, ob der Fortbestand des Kapitalismus die Klimakatastrophe wert ist. Aber das interessiert die beiden Aktivistinnen nicht. Es geht um Aufmerksamkeit für die Weltprobleme. Das ist schön.

Allerdings bleibt der Klimawandel nicht unaufgehalten, weil die Zeitungen noch nicht darüber geschrieben hätten, die »Tagesschau« sie noch nicht auf dem Zettel hat, Oma und Opa noch nicht mitbekommen haben, dass gute Kinder freitags nicht zur Schule gehen. Sehenden Auges bewegen wir uns auf den Abgrund zu, die Menschen wissen es, und trotzdem erhalten sie ein menschenfeindliches Wirtschaftssystem aufrecht. Schlimm genug. Die Kunst zu opfern, ohne Aussicht auf Besserung, hilft niemandem.

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