Befreit und verhaftet

Iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti wurde in Teheran festgenommen. Sie hatte sich mit dem Aufstand im Iran solidarisiert

Taraneh Alidoosti auf der Pressekonferenz des Cannes-Filmfestivals im Mai 2022
Taraneh Alidoosti auf der Pressekonferenz des Cannes-Filmfestivals im Mai 2022

Als die iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti sich im November mit dem Aufstand in ihrem Land solidarisiert und ein Bild ohne Kopftuch von sich auf Instagram veröffentlicht hat, wusste sie selbst, dass sie dafür verhaftet werden kann. Auf dem Bild hat sie ein Stück Papier mit dem kurdischen Slogan »Jin, Jiyan, Azadî« (Frau, Leben, Freiheit) in der Hand. Kurz davor hatte sie noch angekündigt, dass sie, anders als über sie verbreitet wurde, gar nicht vorhat, ihr Land zu verlassen. »Ich bleibe und wie all diese Menschen, die aufgestanden sind, kämpfe ich mit erhobenem Haupt für meine Rechte. Diesen Mut habe ich von den Frauen meines Landes geerbt«, schrieb sie. Am vergangenen Wochenende wurde sie in ihrer Wohnung in Teheran – den Nachrichten zufolge vor Augen ihrer kleinen Tochter – festgenommen.

Taraneh Alidoosti ist 1984 in Teheran geboren. Mit 18 Jahren bekam sie ihre erste Rolle im iranischen Film »I’m Taraneh, 15« (2002), für diese sie auf dem Filmfestival von Locarno den Leopard für die beste Darstellerin erhielt. Heute ist sie nicht nur im Iran, sondern auch international bekannt. Viele kennen sie vor allem von den Filmen, die sie mit dem iranischen Regisseur Asghar Farhadi gedreht hat, darunter »Alles über Elly«, der bei der Berlinale 2009 den Silbernen Bären für die beste Regie und »The Salesman«, der 2016 auf dem Cannes-Festival den Preis für das beste Drehbuch und 2017 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewann.

Im Mai dieses Jahres war sie auf dem Cannes-Filmfestival. Dort hatte sie noch ein Stück Tuch auf dem Kopf. Es ist für die Repräsentantinnen Irans auch außerhalb des Landes obligatorisch, das offizielle Frauenbild (mit Körper- und Haar-Bedeckung) darzustellen. Dieses Stück Tuch, das manchmal sogar ein Hut, manchmal ein Schal ist, ist kein richtiger islamischer Hijab, aber zeigt, dass man noch irgendwie gehorcht. Mit dem besagten Foto ohne Kopftuch auf Instagram hat sich Alidoosti noch von dem letzten Symbol der Frauenunterdrückung im Iran befreit. Dafür hat sie mit ihrer physischen Freiheit gezahlt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.