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Angriff auf die Versammlungsfreiheit
Verfassungsbeschwerde gegen repressives Versammlungsgesetz in NRW eingelegt
Demonstrationen, Petitionen und juristische Kritik haben nicht geholfen. Vor einem Jahr wurde in Nordrhein-Westfalen ein neues Versammlungsgesetz eingeführt. Es gilt als eines der repressivsten in Deutschland. Deswegen haben sich jetzt mehrere Mitglieder des Bündnisses »Versammlungsgesetz NRW stoppen!« gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte dazu entschlossen, vor dem nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshof Beschwerde gegen das Gesetz einzureichen.
Das Versammlungsgesetz sei ein »offener Bruch mit der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zur Versammlungsfreiheit. Die Versammlungsfreiheit ist ein elementares Grundrecht für die demokratische Zivilgesellschaft«, erklärt Joschka Selinger, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Außerdem müsse der Staat die Versammlungsfreiheit schützen und dürfe nicht »friedlichen Protest kriminalisieren«.
In der Verfassungsbeschwerde, die von Professor Tristan Barczak von der Universität Passau vertreten wird, wird insbesondere auf drei Aspekte des neuen Gesetzes eingegangen. Regelungen wie das zum Störverbot, das sogar Blockadetrainings unter Strafe stellt, oder das Militanzverbot seien »äußerst weitreichend«, aber »unbestimmt formuliert«. Gleichzeitig sind sie direkt mit Bußgeldern oder Strafen verknüpft. Solche Regelungen seien schlecht für Demonstrierende, weil nicht klar sei, »durch welches Verhalten sie sich möglicherweise strafbar machen«.
Ein zweiter Aspekt ist die im Gesetz festgelegte Ausweitung der Videoüberwachung. In Nordrhein-Westfalen darf die Polizei heimlich und mit technischen Hilfsmitteln wie zum Beispiel Drohnen Aufnahmen von Versammlungen anfertigen. Diese können auch nachträglich genutzt werden, um Straftaten zu verfolgen, die nicht mit der Versammlung zusammenhängen. Dadurch, so die Kritiker, entstehe ein »erheblicher Abschreckungseffekt«. Menschen, die befürchten müssten, ihr politisches Engagement werde überwacht, könnten auf die Teilnahme an Demonstrationen verzichten. Ein dritter Kritikpunkt ist das generelle Versammlungsverbot auf Autobahnen. Das sei bundesweit einmalig. Autobahnen seien nun besser geschützt als der Landtag und NS-Gedenkstätten. Dabei gehöre es essentiell zur Versammlungsfreiheit, frei über den Ort bestimmen zu können.
Iris Bernert-Leushacke, eine der Beschwerdeführerinnen und Sprecherin des Bündnisses gegen das Gesetz, gibt sich entschlossen: »Wir wehren uns gegen die Überwachung und Beschränkung unserer Demonstrationen. Nordrhein-Westfalen hat eine vielfältige Zivilgesellschaft, die sich nicht kleinkriegen lässt.« Ein weiteres Ziel der Beschwerde, zu verhindern, dass andere Bundesländer ähnlich repressive Gesetze ausarbeiten.
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